Machtkampf bei Volkswagen VW-Aufsichtsrats-Präsidium kommt kurzfristig zusammen

Stuttgart · In der Machtprobe bei Volkswagen trifft sich noch am (heutigen) Donnerstag das Präsidium des Aufsichtsrates. Es stellt mit seinen sechs Personen den Kern des 20-köpfigen Kontrollgremiums und bereitet die entscheidenden Weichenstellungen des Aufsichtsrates vor.

 Wolfgang Porsche und Ferdinand Piech liefern sich einen Machtkampf um die weitere Rolle von Martin Winterkorn.

Wolfgang Porsche und Ferdinand Piech liefern sich einen Machtkampf um die weitere Rolle von Martin Winterkorn.

Foto: dpa, bwe fdt tmk

Das Präsidium kommt nach dpa-Informationen außer der Reihe zusammen, nachdem VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch am vergangenen Freitag mit einer Aussage im "Spiegel" ("Ich bin auf Distanz zu Winterkorn") vom Konzernchef abgerückt war und damit einen Wirbel im Unternehmen selbst und bei den Eigentümern ausgelöst hatte.

Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, tagt das Präsidium "noch im Laufe des Tages" und saß am Morgen noch nicht zusammen. In dem Gremium sitzen: Ferdinand Piëch (Vorsitz), Berthold Huber von der IG Metall (stellvertretender Vorsitz), VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh, der Sprecher des Porsche-Familienzweigs Wolfgang Porsche, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sowie der Osterloh-Vize Stephan Wolf. Zu Ort und Zeit des Treffens gab es zunächst noch keine Informationen. Jedoch wird Weil zunächst - zumindest nach bisherigem Plan - von 11.00 Uhr an auf der Hannover Messe erwartet.

Winterkorn war bis zu der Aussage im "Spiegel" als Nachfolger des VW-Patriarchen Piëch an der Spitze des Aufsichtsrates gehandelt worden. Neben der Distanz-Ansage zitierte das Nachrichtenmagazin Piëch auch mit den Worten: "Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen." Zusammen mit dem Zitat "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn" steht damit nicht nur Winterkorns möglicher Wechsel an die Spitze des Kontrollgremium infrage, sondern auch sein weiterer Verbleib im Vorstand. Winterkorns Vertrag als Volkswagen-Chef läuft Ende 2016 aus. Piëchs Kontrakt als Aufsichtsratschef hat eine Laufzeit bis zum Frühjahr 2017.

Mit der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat und den zwei Vertretern des VW-Großaktionärs Niedersachsen auf der Kapitalseite hat sich eine Allianz für Winterkorn ausgesprochen. Doch in der derzeitigen Führungskrise geht es möglicherweise nicht ums Stimmenzählen der Mandate im Aufsichtsrat. Übereinstimmend sagen Insider, dass eine offene Frontenbildung im Aufsichtsrat gegen Piëch eher unwahrscheinlich ist. Der Aufsichtsratschef und Vertreter der Piëch-Eigentümerfamilie gilt als VW-Machtzentrum.

Wolfgang Porsche ist im Präsidium der Sprecher des Familienzweigs der Posches, der zusammen mit den Piëchs die Stimmenmehrheit an VW hält. Porsche hatte Piëchs vernichtendes Zitat zunächst als "Privatmeinung" zurückgewiesen. Die Aussage sei nicht abgestimmt.

Unter Winterkorns gut achtjähriger Ägide - er wurde 2007 Konzernchef - legten die Auslieferungen des heute größten Autobauer Europas nach Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur um 64 Prozent zu, der Umsatz um 86 Prozent, das operative Ergebnis vervierfachte sich. Bei seinem Amtsantritt 2007 zählte der Konzern 329.000 Mitarbeiter. Heute sind es, auch dank vier neuer Marken, fast 600.000 Menschen.

Das Präsidium

Das sogenannte Präsidium bei VW ist ein Ausschuss des Aufsichtsrats, der sich mit Vertragsangelegenheiten des Vorstands befasst. In seinen Sitzungen bereitet der Ausschuss die Beschlüsse des Aufsichtsrats vor. Das "Präsidium" kann keine Beschlüsse des Aufsichtsrats ersetzen.

Bei VW sitzen in dem Gremium Ferdinand Piëch (Vorsitz), Berthold Huber von der IG Metall (stellvertretender Vorsitz), VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh, der Sprecher des Porsche-Familienzweigs Wolfgang Porsche, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sowie der Osterloh-Vize Stephan Wolf.

Abwesende Aufsichtsratsmitglieder können an Beschlussfassungen von Ausschüssen teilhaben, indem sie schriftliche Stimmabgaben (§108 Aktiengesetz) überreichen lassen. An den Sitzungen sollen nur Mitglieder von Aufsichtsrat und Vorstand teilnehmen. Sachverständige oder "Auskunftspersonen" können nach §109 Aktiengesetz aber zur Beratung über einzelne Punkte zugezogen werden.

(dpa)
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