Aktionärsversammlung VW stellt sich Anlegern nach Krisenwochen

Hannover · Europas größter Autobauer Volkswagen stellt sich nach heftiger Führungskrise am Dienstag in Hannover Tausenden Aktionären. Personalentscheidungen sind wohl nicht zu erwarten. Der Konzern will sich Zeit lassen.

Deutschlands Spitzenkräfte im Verdienst-Vergleich
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Europas größter Autobauer Volkswagen muss sich am Dienstag (10.00 Uhr) nach heftiger Führungskrise den kritischen Fragen seiner Aktionäre stellen. Auf dem Messegelände in Hannover erwartet der Konzern in zwei riesigen Hallen rund 3000 Anteilseigner zu seiner Hauptversammlung. Das Aktionärstreffen steigt just nach einem gut drei Wochen langem Führungsstreit, auf deren Höhepunkt VW-Patriarch Ferdinand Piëch - seit 2002 der Aufsichtsratschef - seinen Rücktritt erklärte und den seiner Frau und VW-Aufsichtsrätin Ursula gleich mit.

Am Anfang der Führungskrise war der Chefkontrolleur öffentlich von Konzernchef Martin Winterkorn abgerückt. Doch eine starke Allianz stellte sich hinter den Vorstandsboss. Seit Piëchs Rücktritt führt Aufsichtsratsvize Berthold Huber von der IG Metall kommissarisch die Geschäfte des Kontrollgremiums. Wer Piëch als Chefkontrolleur nachfolgt, ist bisher unklar und soll sich dem Vernehmen nach auch noch nicht zeitnah entscheiden.

Huber wird auch die Hauptversammlung in Hannover leiten. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Aufsichtsratskreisen erfuhr, soll am Dienstag keine Entscheidung über die Piëch-Nachfolge fallen.
Allerdings dürfte es erste Weichenstellungen für die künftige Suche beziehungsweise Auswahl von Kandidaten geben.

Das ist Ferdinand Piëch
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Wie die dpa von Konzerninsidern erfuhr, hatte die Sitzung des Aufsichtsrates am Montag vorrangig den Zweck, die Hauptversammlung am Dienstag vorzubereiten und einige strategische Themen für das normale Tagesgeschäft zu behandeln. Spannender sei die Aufsichtsratssitzung im Anschluss an die Hauptversammlung am Dienstagabend. Auch dieser Termin ist obligatorisch nach einem Anteilseignertreffen. Jedoch dürfte dort der Blick diesmal um die Führungsfrage kreisen.

Konzerninsider gingen davon aus, dass Huber in seiner Rede zu Beginn der Hauptversammlung zur Führungskrise kurz Stellung nimmt und dann bekräftigt, was bereits vor Tagen als offizielle Linie ausgegeben worden war: das Gremium will sich mit der Nachfolgefrage Zeit lassen.

"Der Aufsichtsrat ist arbeitsfähig, das Management ist voll funktionsfähig", hatte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) vor gut eineinhalb Wochen gesagt, als Piëch zurücktrat. Das Land ist VW-Großaktionär. Man werde "in Ruhe und Umsicht beraten", wer Piëchs Posten übernehme. Es gebe keinen Grund zur Eile - Ziel sei es, dass das Gremium einen einstimmigen Vorschlag unterbreite.

Ob Konzernchef Martin Winterkorn dabei eine Rolle spiele, wollten damals weder Weil noch Huber kommentieren. "Wir wollen keine Personaldebatte mit einer anderen ablösen", sagte Weil. Winterkorn war bis zum Bruch mit Piëch als dessen Nachfolger gehandelt worden.

Auch im Tagesgeschäft hat Volkswagen einige Probleme, die bei den Aktionären Fragen aufwerfen dürften. Zwar stehe das Unternehmen als Ganzes gut da, habe erst kürzlich gute Quartalszahlen vorgelegt und auch das aufgelegte Sparprogramm beginne langsam zu greifen, sagte der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Ulrich Hocker, der dpa. "Klar ist, dass es trotzdem eine ganze Reihe von Baustellen gibt. So fällt die Rendite des Stammmarkengeschäfts mit 2,5 Prozent nach wie vor zu niedrig aus. Bei der Modellpolitik in den USA - dort fehlen die großen SUVs im Angebot - muss ebenfalls dringend nachgebessert werden", betonte der Aktionärsschützer.

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Foto: AP, dpa, kombo rpo

Und der Zusammenschluss der beiden Lkw-Marken MAN und Scania verlaufe zu langsam. "Die erhofften Synergien sind hier noch nicht gehoben. Die Absatzzahlen in Brasilien und Russland sind dramatisch zurückgegangen und das lange angekündigte preiswerte Budget-Car, etwa für den indischen Markt, ist noch immer nicht marktreif", kritisierte Hocker.

(dpa)
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