VW-Aufsichtsrat VW-Vorstandschef verdient höchstens zehn Millionen Euro im Jahr

Wolfsburg/Berlin · "Selbstbedienungsladen" VW? Für hohe Gehälter und Bonuszahlungen hat Deutschlands größter Konzern in der öffentlichen Debatte viel Prügel einstecken müssen. Nun reagiert das Unternehmen. Aber im Vergleich zu vielen Beschäftigten bleiben die Unterschiede enorm.

 Der VW-Aufsichtsrat hat Managergehälter auf zehn Millionen Euro pro Jahr begrenzt (Symbolbild).

Der VW-Aufsichtsrat hat Managergehälter auf zehn Millionen Euro pro Jahr begrenzt (Symbolbild).

Foto: dpa, ude vge wst

Höchstens zehn Millionen Euro. Das soll der Vorstandschef von Volkswagen künftig pro Jahr verdienen dürfen. Für die allermeisten Arbeitnehmer in Deutschland ist das immer noch eine schwindelerregende, schier unvorstellbare Summe. Für den VW-Boss aber bedeutet das sogar eine potenzielle Gehaltskürzung. Volkswagen reagiert mit einer Reform des Vergütungssystems auf massive öffentliche Kritik an hohen Gehältern in Zeiten des Abgasskandals.

Die Vergütung der Top-Manager wird künftig begrenzt. Die übrigen Vorstandsmitglieder sollen künftig maximal 5,5 Millionen Euro verdienen. Alle Vorstände haben einer Änderung ihrer Verträge bereits zugestimmt. Der Kern der Reform: das Fixgehalt wird angehoben. Dafür werden bei der umstrittenen, variablen Vergütung die Ziele verschärft. Denn vor allem die Bonuszahlungen der VW-Manager waren in den "goldenen" VW-Zeiten vor dem Abgasskandal angesichts von immer neuen Gewinnrekorden exorbitant gestiegen.

Es gab schon Zeiten, da erhielt ein Vorstandsvorsitzender beim europäischen Autoprimus 17,5 Millionen Euro — Martin Winterkorn für das Jahr 2011. Die Höhe von Winterkorns Gehalt sorgte seinerzeit für hitzige Diskussionen unter Politikern, Gewerkschaftern und Wirtschaftsethikern.

Mit Gehältern Winterkornschen Ausmaßes soll nun Schluss sein — auch wenn etwa die Vergütung von VW-Chef Matthias Müller im Krisenjahr 2015 deutlich unter der künftigen 10-Millionen-Grenze lag. Das Signal von Volkswagen aber soll sein: die Botschaft der öffentlichen Debatte ist angekommen. Und VW erklärte am Freitag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats in Wolfsburg: Die künftigen Maximal-Gehälter könnten nur bei einer "herausragenden Unternehmensentwicklung" erreicht werden.

Im Rückblick gesehen wäre die Vergütung der Top-Manager bei VW in den vergangenen Jahren deutlich gesunken — wäre das neue System bereits angewendet worden. Nach dpa-Informationen wäre das Durchschnittsgehalt des Vorstandschefs in den Jahren 2011 bis 2015 um 40 Prozent auf 8,4 Millionen Euro gesunken, die Gehälter der übrigen Vorstände um 28 Prozent auf im Schmitt 4,3 Millionen.

VW will im Wettbewerb um die besten Manager bestehen

Verglichen mit dem Gehalt normaler Arbeitnehmer klafft allerdings immer noch ein gewaltiger Unterschied. Aber VW will bei seinen Top-Managern auch mit dem neuen System international wettbewerbsfähig bleiben im Kampf um die besten Manager, wie es im Konzernumfeld hieß. Mit den Deckelungen der Einkommen liege VW im Vergleich der Dax-Konzerne unter den vorderen Plätzen — und VW orientiere sich an den Systemen, die in der Börsen-Bundesliga Dax üblich seien.

Die hohen Gehälter bei VW und eine umstrittene Millionenabfindung für Ex-Vorstand Christine Hohmann-Dennhardt hatten die politische Debatte im Bundestagswahljahr über eine Deckelung von Managergehältern wieder befeuert. Viele Bürger hätten kein Verständnis dafür, dass Vorstände mit riesigen Abfindungen in den Ruhestand geschickt werden oder hohe Gehälter kassierten, selbst wenn das eigene Unternehmen in der Krise stecke, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann: "Da läuft etwas aus dem Ruder." Die SPD legte einen Vorschlag vor: Firmen sollen die Millionen an ihre Topmanager in geringerem Umfang als Betriebsausgaben steuerlich absetzen können.

Die SPD-geführte niedersächsische Landesregierung sowie der SPD-nahe Betriebsrat waren dem Vernehmen nach auch die Treiber bei der Reform des Vergütungssystems bei Volkswagen. Denn Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) war zuletzt in seinem Bundesland zunehmend in die Kritik gekommen. Die Opposition um den CDU-Herausforderer bei der Landtagswahl Anfang 2018, Bernd Althusmann, warf Weil vor, sich zu wenig um die Probleme in Wolfsburg zu kümmern: "Niedersachsen ist Großaktionär und der Ministerpräsident nicht die verlängerte Werkbank des VW-Vorstandes."

Weil ging in die Offensive — und warb öffentlich für eine Begrenzung von Managergehältern. Die Rente Winterkorns bekomme er den Bürgen gar nicht erklärt, sagte der Politiker kürzlich dem "Handelsblatt". Der frühere VW-Chef Winterkorn, der im September 2015 über "Dieselgate" stürzte, ist inzwischen im Ruhestand — mit knapp 3100 Euro pro Tag.

Die Reform des Vergütungssystems bei dem Autobauer können Weil und der Betriebsrat nun als Erfolg verbuchen — hatten sie sich doch in der Vergangenheit auch schon mal eine blutige Nase geholt. Im Frühjahr 2016 wollten das Land und der Betriebsrat die hohen Bonuszahlungen der VW-Vorstände angesichts des Abgasskandals am liebsten ganz streichen.

Sie konnten sich am Ende im Aufsichtsrat aber nicht gegen die Kapitalseite durchsetzen. Heraus kam ein teilweiser Verzicht, der aber auf den zweiten Blick gar kein Verzicht ist. Denn wenn der Aktienkurs in den kommenden Jahren stark steigt, erhalten die Vorstände die Boni doch ausbezahlt — an dieser Regelung übrigens wird nicht gerüttelt.

(dpa/heif)
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