GM-Tochter vor ungewisser Zukunft Was wäre Deutschland ohne Opel?

Düsseldorf (RP). Opel ist mehr als ein Stück Industriegeschichte. Wenn der Traditionshersteller aufgeben muss, droht in NRW ein ganzer Landstrich zu veröden. Die Opelaner hätten auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen. Auf den Staat kämen auch ohne direkte Hilfe für Opel milliardenschwere Belastungen zu.

So spielte sich der Opel-Poker im Kanzleramt ab
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Deutschland ohne Opel ist wie Currywurst ohne Curry. Sagen die Opel-Fans. Die anderen sagen: Staatshilfe für Opel ist Gift für die Volkswirtschaft, weil dann alle kranken Unternehmen Steuergelder haben wollen. Welchen Ausgang die derzeitigen Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Kaufinteressenten für Opel auch nehmen ­ ganz ohne Staatshilfe wird es nicht gehen. Sonst geht Opel Pleite.

Ist Deutschland ohne Opel denkbar?

"Eine Opel-Pleite würde zu Industriewüsten in Bochum, Rüsselsheim und Kaiserslautern führen”, sagt der Duisburger Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer voraus. In diesen Städten beschäftigt Opel die meisten seiner 25.000 deutschen Mitarbeiter. "Da gibt es auch kaum Alternativindustrie, wohin die Opelaner vermittelt werden könnten”, so Dudenhöffer, "die müssten dann Pilze sammeln gehen.”

Dudenhöffer räumt ein, dass die deutschen Wettbewerber Ford und VW von einer Opel-Pleite profitieren. "Aber sie werden nur 30 Prozent der Opel-Marktanteile übernehmen. Der Rest geht an Fiat, Renault und Peugeot.” Und selbst wenn Ford und VW wegen einer Opel-Pleite zusätzliche Kapazitäten aufbauen sollten, "dann bestimmt nicht in Deutschland.”

Produktionsstraßen gehen nach China

Die Produktionsstraßen würden demontiert und bestenfalls nach China verkauft, bei den Zulieferern fallen laut Dudenhöffers Hochrechnung im Falle einer Opel-Pleite weitere 71.000 Jobs weg. Tillmann Neinhaus, Chef der IHK Bochum, rechnet am Beispiel der Ruhrgebietsmetropole vor, was der GAU bedeuten würde: Das Aus für 6600 Jobs bei Opel und bei ausgelagerten Opel-Betrieben am Standort Bochum. Plus 1500 Jobs bei wesentlichen Zulieferern allein in Bochum und Umgebung. Plus 2000 Beschäftigte bei Opel-Dienstleistern wie Handwerkern oder Speditionen. Plus 1000 Jobs bei Versorgern im Einzugsgebiet ­ etwa bei Supermärkten.

"Zusammen 10.000 Arbeitsplätze in der Region Bochum, die unmittelbar wegfallen, wenn es Opel nicht mehr gibt.” Ob die Stadt, die schon vom Niedergang des Bergbaus und dem Wegzug des Handybauers Nokia gebeutelt ist, auch das noch verkraften könnte?

Opel-Pleite könnte für Steuerzahler teuer werden

Die Folgen einer Opel-Pleite könnten den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Laut Einschätzung von Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kostet ein Arbeitsloser rund 18.900 Euro pro Jahr. Darin enthalten sind kosten für Arbeitslosengeld und Sozialeistungen, aber auch Steuerausfälle. Geht man von den von Dudenhöffer geschätzten 71.000 Arbeitslosen infolge einer Pleite aus, lägen die jährlichen Belastungen bei 1,3 Milliarden Euro.

Nicht berücksichtigt ist dabei der geringere Konsum der Arbeitslosen. Nach Schäfers Schätzung konsumieren Arbeitslose rund ein Drittel weniger als Beschäftigte. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaft (RWI) sieht noch ein anderes gravierendes Risiko: "Möglich ist eine Art Lehman-Effekt. Wenn Opel nach all den staatlichen Versprechen trotzdem kollabieren würde, könnte das eine Vertrauenskrise auslösen”, warnt Roland Döhrn, Leiter der Konjunkturabteilung des RWI.

(RP)
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