Soziale Gerechtigkeit Wer die Steuern wirklich zahlt

Berlin (RP). Entgegen aller Kritik geht es in Deutschland gerecht zu: Ein Viertel der arbeitenden Bundesbürger leistet 80 Prozent der Einkommensteuern. Fast ein Drittel der Beschäftigten zahlt nichts für den Staat. Etliche gängige Urteile über reich und Arm lassen sich somit nicht halten.

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Foto: AP

Die Masse der Mittel- und Niedrigverdiener trägt in Deutschland die Steuerlast, während sich Gutverdiener durch Steuersparmodelle und Auslandsanlagen einen schlanken Fuß machen. Sagen die einen. Ein eher kleiner Teil der Bevölkerung zahlt die Einkommensteuer fast im Alleingang, während Niedrigverdiener steuerfrei bleiben. Sagen die anderen. Was kommt der Wahrheit näher?

Ein Beitrag zur Versachlichung kommt jetzt vom Statistischen Bundesamt aus Wiesbaden. Demnach leistet ein Viertel der Bundesbürger rund 80 Prozent der Einkommensteuer. Das ergibt sich aus der Einkommensteuerstatistik des Jahres 2004. Die Daten sind demnach zwar fast vier Jahre alt. Es sind aber die aktuellsten und umfassendsten, und seither haben sich weder das Einkommensgefüge der Deutschen noch das Steuersystem grundlegend geändert. An der Verteilung der Einkommen und der Steuerlast dürfte sich also nur wenig geändert haben.

Durchschnittsverdienst von 37.500 Euro

Konkret haben den Zahlen zufolge knapp drei Viertel — genau 73,2 Prozent — aller erfassten Steuerpflichtigen in Deutschland zu versteuernde Einkünfte von höchstens 37.500 Euro erzielt. Dort liegt auch in etwa der deutsche Durchschnittsverdienst. Allerdings sind auch Selbständige und Teilzeitbeschäftigte in die Statistik einbezogen.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Etwas mehr als ein Viertel, genau 26,8 Prozent der Steuerpflichtigen, hatte jährliche Einkünfte von mehr als 37 500 Euro. Die erste Gruppe brachte laut Statistischem Bundesamt genau 20,4 Prozent der festgesetzten Lohn- und Einkommensteuer auf, die Steuerpflichtigen mit mehr als 37 500 Euro Jahreseinkünften zahlten 79,6 Prozent Steuern.

Weitgehend gerecht

Die Reichen drücken sich mit allen Tricks vor den Steuern — dieser von Gewerkschaftsvertretern, SPD-Linken sowie Politikern der Linkspartei gelegentlich vorgetragene Vorwurf lässt sich mit diesen Zahlen nicht halten. Allerdings sagt die Statistik aus Wiesbaden nichts darüber aus, ob so mancher betuchte Bürger einen Teil seines Einkommens und Vermögens, ob legal oder illegal, ins Ausland hinüberrettet.

Weitere Zahlen bestätigen eine mehr oder weniger gerechte Einkommensverteilung in Deutschland: Zehn Millionen oder mit 29 Prozent fast ein Drittel aller Steuerpflichtigen hatten (steuerfreie) Gesamteinkünfte von bis zu 10 000 Euro. Die Hälfte der Steuerpflichtigen verfügte über jährliche Einkünfte von unter 23 000 Euro und zahlte 4,3 Prozent der Einkommensteuer. Unter den Spitzenverdienern waren 9688 "Euromillionäre" mit Durchschnittseinkünften von 2,7 Millionen Euro. Sie stellten nur 0,03 Prozent aller Steuerpflichtigen. Von ihnen zahlte jeder im Schnitt 968 000 Euro Einkommensteuer.

1,1 Billionen Euro

Insgesamt, so das Statistische Bundesamt, erzielten im Jahr 2004 die genau 35 Millionen erfassten Steuerpflichtigen Einkünfte von 1,1 Billionen Euro. Dabei werden zusammenveranlagte Ehegatten als ein Steuerpflichtiger gezählt. Gegenüber den für 2001 nachgewiesenen Daten bedeutet dies eine Einkünfte-Erhöhung um neun Prozent. Diese Steigerung ist aber nicht durch jähe Einkommenssprünge zwischen 2001 und 2004, "sondern vollständig auf die Verbreiterung der Datenbasis zurückzuführen", heißt es dazu vom Statistischen Bundesamt. Denn dank der Einführung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen wurden für das Veranlagungsjahr 2004 erstmals auch die Einkünfte der so genannten nichtveranlagten Lohnsteuerzahler weitgehend vollständig nachgewiesen. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um Bezieher relativ geringer Einkommen.

Für Karl Heinz Däke, Präsident des Steuerzahlerbundes, ist die Konsequenz aus den statistischen Steuerzahlen eindeutig. "Die Leistungsträger der Gesellschaft übernehmen bereits die Hauptlast beim Einkommensteueraufkommen", sagte er unserer Zeitung. "Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik schlägt somit denen ins Gesicht, die eine höhere Besteuerung mittlerer und hoher Einkommensbezieher fordern, obwohl sie bereits fast 80 Prozent des Aufkommens tragen.

(RPMANTEL)
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