Verschrottung der Meiler Werner Müller schreibt Blaupause für die Atomstiftung

Essen · Der Chef der RAG-Stiftung mahnt zur Eile: Die klammen Konzerne sollen auf den Staat zugehen und ihre Klagen stoppen.

Werner Müller, Chef der RAG-Stiftung, erhöht den Handlungsdruck auf die Konzerne.

Werner Müller, Chef der RAG-Stiftung, erhöht den Handlungsdruck auf die Konzerne.

Foto: dpa, Roland Weihrauch

Angesichts der Krise der Atomkonzerne mahnt Werner Müller, Chef der RAG-Stiftung, rasch eine Stiftung zu gründen, die die Verschrottung der Meiler übernimmt. "Die Kernenergiebetreiber sind nicht mehr in der Lage, höhere Rückstellungsbedarfe beliebig mitzugehen. Wie bedenkenswert die Lage geworden ist, mag man daran erkennen, dass der Börsenwert der RWE AG nicht viel über dem Wert der RWE-Kernenergierückstellungen liegt", heißt es im Manuskript der Rede, die Müller heute bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Essen halten wird.

Er forderte die Atomkonzerne (Eon, RWE, EnBW, Vattenfall) auf, sich auf ein gemeinsames Konzept zu verständigen und damit auf die Politik zuzugehen. Dabei sollten sie ihre Bereitschaft erklären, die Rückstellungen beziehungsweise deren Gegenwerte und eventuell auch weiteres unternehmerisches Potenzial (also: Anteile an den Unternehmen) abzugeben. Zudem sollten sie anbieten, alle Klagen gegen die öffentliche Hand in Sachen Kernenergie zurückzunehmen. Im Gegenzug sollte die Politik ihre Verhandlungsbereitschaft erklären. "Ich bin zuversichtlich, dass die Etablierung einer Kernenergie-Stiftung gelingen kann." Eine staatliche Stiftung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Sollte man die Versorger alternativ verpflichten, Geld in einen Fonds zu zahlen, gebe es dagegen verfassungsrechtliche Probleme.

Es geht um viel Geld: Die Atom-Rückstellungen betragen 38 Milliarden Euro. Das Geld liegt nicht im Tresor, sondern ist unter anderem in Kraftwerken gebunden, die wegen des Ökostrom-Booms und Managementfehlern immer weniger wert sind. Zugleich haben die Konzerne den Staat mit Milliarden-Klagen wegen der Atomsteuer und der Stilllegungen überzogen.

Sowohl Staat wie Konzerne hätten Fehler gemacht, betont Müller. Aber jetzt gehe es vor allem darum, vorhandene Wert zu sichern, bevor es zu spät ist: "Ist die öffentliche Hand vorausschauend zu einer Mithaftung bereit, solange die Atomkraftwerksbetreiber noch nicht insolvent sind oder wartet sie, bis sie nach deren denkbarer Insolvenz dann zwangsweise in Haftung kommt?"

Müller, der 1999 den Atomausstieg verhandelte und 2006 die Blaupause für die Kohle-Stiftung schrieb, erinnerte daran, dass der Zechenkonzern RAG ohne Auslagerung der Ewigkeitslasten in die RAG-Stiftung heute wohl insolvent wäre. Schließlich sei der Rückstellungsbedarf allein für die Wasserhaltung wegen der Minizinsen von 5,6 auf 24 Milliarden Euro gestiegen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort