19 Kaufhäuser geschlossen, 520 Stellen gestrichen Wie Hertie ums Überleben kämpft

Düsseldorf (RPO). Hertie steckt tief in der Krise. Seit Ende Juli des vergangenen Jahres schwebt über der Warenhauskette Hertie das Insolvenzverfahren. Jetzt sollen der 19 der insgesamt 73 Häuser geschlossen werden. Der Schwerpunkt der Schließungen liegt in NRW. 520 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Die Gründe für den Niedergang des Traditionsunternehmens sind vielfältig.

Im November 2008 verbreitete Hertie noch Optimismus. Nach der Eröffnung einer neuen Filiale im bayerischen Straubing prüfte der Konzern noch weiter Neueröffnungen. Frühestens Mitte 2009 sei mit entsprechenden Standortentscheidungen zu rechnen, verkündete der vorläufige Insolvenzverwalter Biner Bähr.

Auch die Gespräche mit möglichen Investoren liefen nach Aussagen Bährs "auf Hochtouren". Man stehe in Verhandlungen mit deutschen als auch internationalen Investoren. Bis zum Jahreswechsel waren alle Gespräche gescheitert.

Schwerpunkt der Stellenstreichungen vor allem in NRW

Am Dienstagabend folgte schließlich die überraschende Hiobsbotschaft. Hertie will 19 ihrer 73 deutschen Filialen schließen. Wie das Unternehmen in Essen mitteilte, liegt der Schwerpunkt der Streichungen in Nordrhein-Westfalen. Der Betrieb werde unter anderem in Niederlassungen in Bocholt, Essen, Hameln, Herne, Köln und Mettmann eingestellt. Auch für die Unternehmenszentrale in Essen-Kettwig sei eine "deutliche Verschlankung" vorgesehen.

Das traditionsreiche Unternehmen erreicht damit einen neuen Höhepunkt seines schleichenden Verfalls. Hertie war 1993 von Karstadt übernommen und 2005 an die britische Dawnay Day Group verkauft worden. Anders als anfangs von der Geschäftsführung behauptet, kam der Filialist seit dem September 2005 nie aus den roten Zahlen heraus. Im vergangenen Sommer hatte Hertie das Insolvenzverfahren beantragt.

Überhöhte Mieten, Managementfehler und Misswirtschaft

Überhöhte Mieten, Managementfehler und Misswirtschaft brachten die Kette in Existenznöte und die 3400 Mitarbeiter an den Rand der Arbeitslosigkeit. Versuche, das nötige Geld zur Sanierung zu beschaffen, waren gescheitert. Trotz der Zahlungsunfähigkeit wurde das Geschäft aber seither ohne Unterbrechung fortgeführt.

"Wir haben um jeden einzelnen Arbeitsplatz gekämpft und werden dies auch weiterhin tun", sagte Insolvenzverwalter Bähr am Dienstagabend auf einer Betriebsversammlung in der Essener Zentrale. Zuletzt schrieb Hertie dem Vernehmen nach zweistellige Millionenverluste.

Ohne Einigung droht allen Hertie-Häusern das Aus

Insolvenzverwalter Biner Bähr macht insbesondere die britischen Eigentümer für den desolaten Zustand des Unternehmens verantwortlich. Die Investorengruppe Dawnay Day verlange Mieten, die nicht zu erwirtschaften seien, beklagte Bähr am Mittwoch in Essen. In vielen Filialen würden Mieten von 20 Prozent des Umsatzes erhoben, während die marktübliche Quote in der Branche lediglich bei fünf Prozent liege.

Wenn Dawnay Day die Mieten nicht auf das marktübliche Niveau senke, seien auch die verbleibenden 54 Filialen in Gefahr, machte Bähr klar. "Mit dieser Frage steht und fällt das ganze Unternehmen", fügte er hinzu. Bisher sei es jedoch nicht gelungen, Dawnay Day zu einer Mietsenkung zu bewegen. Nach Angaben von Bähr gibt es inzwischen zwei Interessenten, die Dawnay Day die Hertie-Immobilien abkaufen wollen. Doch sei die britische Investorengruppe auch darauf bisher "leider nicht eingegangen".

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