Blumige Bezeichnungen Wie Sparprogramme an ihre Namen kommen

Düsseldorf · "Let's Lanxess again", "Score" oder "Global Exellence": Wenn Unternehmen Stellen streichen, hat das oft blumige Namen.

Die Lanxess-Hauptverwaltung in Köln-Deutz.

Die Lanxess-Hauptverwaltung in Köln-Deutz.

Foto: dpa

Ein Sparprogramm gehört nicht gerade zu dem, was sich als gute Nachricht verkaufen lässt. Trotzdem haben Entlassungswellen und Kostensenkungs-Runden oft sehr ambitionierte Namen. Gerade versucht der Chemiekonzern Lanxess, sein Sparprogramm und die Streichung von 1200 Arbeitsplätzen als "Let's Lanxess again" an den Aktionär und Mitarbeiter zu bringen.

Der Titel reiht sich ein in die Riege früherer Programme wie "Overhead" (Telekom, 1200 Stellen), "Number One" (BMW, 10 000 Stellen), "Global Excellence" (Henkel, 3000 Stellen), "Shape" (Metro, 15.000 Stellen), "Score" (Lufthansa, 3500 Stellen) und wie auch immer Konzerne in den vergangenen Jahren Sparprogramme benannt haben. "Erst mit einem Namen erhält das Programm seinen Charakter", sagt Wirtschaftspsychologin Annette Kluge von der Ruhr-Uni Bochum.

Hinter einer solchen Taufe steckt das Kalkül, ein Motto zu finden, mit dem Betroffene für das Programm begeistert oder zumindest motiviert werden können - sofern sie nicht selbst ihren Arbeitsplatz verlieren. "Der Name soll positiv klingen, auch dynamisch, aber nicht bedrohlich - obwohl es meistens Projekte sind, die für die Mitarbeiter eben dies sind", sagte der Wirtschaftspsychologe Klaus Moser von der Universität Erlangen 2012 in einem Interview. "Unbekanntes und Unkontrollierbares ist besonders bedrohlich, also gibt man ihm einen Namen." Ein Titel für das Gesamtpaket verspricht, dass sich alle Maßnahmen, so schmerzhaft sie sein mögen, einem Plan unterordnen. Schaut man sich die Namen der Sparprogramme aus den vergangenen Jahren an, scheint es ein paar goldene Regeln zu geben:

Der Name darf sich nicht nach dem anhören, was drinsteckt. Die Lufthansa benannte ihr jüngstes Sparprogramm "Score", also zu deutsch: punkten. Mitarbeiter machten intern daraus den Namen "Scare" - also Schrecken. So würden Einschnitte nie offiziell heißen. "Wenn der Begriff schon Angst einflößt, dann ist die Bereitschaft, das Programm umzusetzen, gleich null", sagt der Düsseldorfer Markenexperte Frank Dopheide. Berühmte Panne: Der EADS-Vorgänger Dasa nannte sein Sparprogramm Mitte der 1990er Jahre "Dolores" - seinen Ursprung hat das Wort im Lateinischen und bedeutet "Schmerzen".

Der Name darf aber auch nichts beschönigen. Wahrhaftigkeit im Titel eines Sparprogramms ist wichtig, denn dahinter steckt immer ein schmerzvoller Prozess. "Eine Entlassungswelle mit ,Growth', also Wachstum, anzukündigen, wäre sehr unpassend", sagt Dopheide. Als gelungener Kompromiss gilt: Nicht das beschreiben, was in dem Programm geschieht, sondern das, was man damit erreichen will. Beispiele: "Fit for Growth" ("Fit für Wachstum", Vodafone), "Perform to win" ("Arbeiten, um zu gewinnen", Eon) oder schlicht "Forward" ("Vorwärts", Novartis) - das sind Versprechen, dass alles besser werden wird, wenn die schmerzhaften Einschnitte überwunden sind. Geübte Sanierer wie die Lufthansa ("Climb 2011"), Lanxess ("Challenge 12") oder Siemens ("Siemens 2014") gehen noch einen Schritt weiter und geben dem Titel noch eine Jahreszahl mit als Zielhorizont.

Man muss den Namen verstehen. "Je spezifischer der Name aus der Branche des Unternehmens stammt, umso größer ist die Akzeptanz", sagt Dopheide. Deshalb nannte Air Berlin eines seiner vielen Programme auch "Turbine" - also bereit zum Durchstarten. Laut Psychologin Kluge muss der Name immer sinnstiftend sein: "Mitarbeiter müssen einordnen können, worum es eigentlich geht."

(RP)
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