Verfahren am Mittwoch eröffnet Windkraftfinanzierer Prokon ist insolvent

Itzehoe · Das Zittern für zehntausende Kleinanleger der Ökoenergiefirma Prokon geht weiter. Das Unternehmen hat wie angedroht Insolvenz angemeldet. Auch 1300 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

Das ist Prokon
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Der in finanzielle Schieflage geratene Windkraftanlagen-Finanzierer Prokon hat beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz angemeldet. Der Hamburger Rechtsanwalt Dietmar Penzlin ist zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Prokon Regenerative Energien GmbH bestellt worden, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Über das Prokon-Vermögen könne nun nur noch mit Zustimmung Penzlins verfügt werden. Gut 75 000 Anleger hatten dem Unternehmen über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Sie müssen um ihr Geld bangen. Prokon beschäftigt rund 1300 Mitarbeiter.

Der Geschäftsbetrieb werde ohne Einschränkungen fortgeführt, teilte Penzlin mit. Die bisherigen Ansprechpartner stünden Lieferanten und Kunden bei Prokon weiter zur Verfügung. Für die Beschäftigten werde eine Insolvenzgeldvorfinanzierung vorbereitet. Dadurch könnten Löhne und Gehälter bis einschließlich April 2014 über Insolvenzgeld vorfinanziert werden. Penzlin betonte, dass Rückzahlungen von Genussscheinkapital oder Zinsen derzeit nicht möglich seien. Forderungen könnten erst angemeldet werden, wenn das Insolvenzverfahren später eröffnet werden sollte.

Prokon gab sich trotz Insolvenz-Anmeldung optimistisch. Das bedeute keineswegs das Aus. Das Geschäftsmodell solle angepasst werden. "Wir sind nach wie vor operativ gut aufgestellt und sind zuversichtlich, dass wir die aktuellen Schwierigkeiten überstehen werden." Gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter und im Dialog mit unseren Anlegern "werden wir alles daran setzen, die Zukunftsfähigkeit von Prokon zu sichern".

"Die Insolvenz bietet eine Chance"

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) sagte, diese Insolvenz sei bedauerlich. "Aber sie bietet auch eine Chance. Wir haben als Land das Interesse, dass die produzierenden Teile fortgeführt werden." Es werde noch in dieser Woche Gespräche mit allen Akteuren am Standort Itzehoe geben.

Mit dem Insolvenzantrag hat Prokon den Kampf um die notwendige Gunst seiner 75 000 Kapitalanleger verloren. Das Unternehmen hatte am 10. Januar auf seiner Homepage seine Anleger dazu aufgerufen, ihr Geld vorerst nicht aus der insolvenzbedrohten Firma zu ziehen und Kapitalkündigungen zurückzunehmen. Anderenfalls drohe eine Plan-Insolvenz.

Kürzlich hatte Prokon mitgeteilt, dass 227 Millionen Euro von 1,4 Milliarden Euro an Genusskapital gekündigt worden seien. Um eine Insolvenz zu verhindern, hätten laut Prokon 95 Prozent des Kapitals vorerst in der Firma bleiben müssen. Rein rechnerisch wären also maximal 70 Millionen Euro Kündigungen des Genussrechtskapitals verkraftbar gewesen.

Auf seiner Homepage veröffentlichte Prokon eine Übersicht Stand Mittwoch 22. Januar 17.00 Uhr. Demnach sollen fast 41 000 Anleger zugesagt haben, 759 Millionen des Genussrechtskapitals vorerst in der Firma zu belassen.

Diese Unternehmen haben Insolvenz angemeldet
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Allen Prokon-Anlegern mit Genussrechten droht theoretisch ein Totalverlust ihres Kapitals, da ihre Forderungen nachrangig behandelt werden. Darauf hatten Vebraucherschutzverbände hingewiesen.

Prokon hatte mit hohen Renditen bis zu 8 Prozent geworben. Prokon-Chef Carsten Rodbertus hatte bewusst auf Bankenfinanzierungen verzichtet. Stattdessen setzte er auf kurzfristig kündbare Anlagen von Kleinanlegern, um vor allem Windkraftanlagen zu finanzieren. Prokon geriet wegen Kapitalkündigungen in eine Liquiditätsklemme. Außerdem gab es Spekulationen, Prokon würde nach dem Schneeballsystem mit neuem Kapital Zinsen bedienen. Prokon konnte zuletzt weder Zinsen noch gekündigtes Genusskapital ausbezahlen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte wegen des umstrittenen Aufruf-Schreibens eine einstweilige Verfügung gegen Prokon beantragt, die aber am Mittwoch vom Landgericht Itzehoe verworfen wurde. Die Verbraucherschützer warfen dem Unternehmen vor, die Inhaber der Genussrechte unangemessen unter Druck zu setzen. Rodbertus bat daraufhin die Anleger um Entschuldigung.

(dpa/reu)
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