Google plant eigenes Betriebssystem Windows 7 wird für Microsoft zum Prüfstein

Berlin (RPO). Der IT-Konzern Microsoft steht unter Druck: Das neue Betriebssystem "Windows 7" muss ein Erfolg werden, denn die Konkurrenz schläft nicht. Erzrivale Google will den Softwareriesen nach dem Siegeszug in der Online-Werbung nun auch mit einem eigenen Betriebssystem angreifen. Auch von anderer Seite droht Ungemach: Apple hat dem Konzern zuletzt Marktanteile abgejagt.

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Foto: AFP

Selten wurde bei der Einführung eines Betriebssystems bei Microsoft so gezittert. "Windows 7", ab Donnerstag im Handel erhältlich, weckt große Hoffnungen - und große Erwartungen. Immerhin war der Vorgänger "Windows Vista" vor allem bei Firmenkunden ein Flop. Microsoft befindet sich - wie es im Wirtschaftsenglisch so schön heißt - in einer "Must win"-Situation. Auf deutsch: Wird das neue Betriebssystem kein Hit, gibt es Probleme.

Vorbestellungen: "Erwartungen übertroffen"

Bis zum Ende des kommenden Jahres sollen 177 Millionen Lizenzen von dem Programm verkauft sein, berief sich Microsoft-Deutschlandchef Achim Berg auf Schätzungen des Marktforschers IDC. Die Vorbestellung aus dem Handel "übertrifft deutlich unsere Erwartungen." Bei der Entwicklung habe sein Haus aus den Fehlern bei "Vista" gelernt. Von dem Vorläuferprogramm hatte Microsoft in den ersten 14 Monaten global 140 Millionen Lizenzen verkauft.

Die meisten Firmen hatten auf die Einführung von Vista, das vor drei Jahren auf den Markt gebracht worden war, verzichtet, da es sich als schwerfällig erwiesen hatte und hohe Anforderungen an die Technik der Computer stellt. Von den deutschen Dax-Konzernen hatte kein einziger das System breit eingeführt. Nun setzt Microsoft auch auf den zeitgleichen Start der neuen Zentralrechner-Software "Windows Server 2008 R2". Im Zusammenspiel mit "Windows 7" soll so den Firmen die IT-Verwaltung deutlich vereinfacht werden, wirbt Microsoft.

"Das ist die erste wirklich wichtige Neuauflage in den vergangenen zehn Jahren", sagte Analyst Brendan Barnicle von Pacific Crest Securities. "Nach dem Fehlschlag mit 'Vista' wurde Microsofts Relevanz für die Branche ernsthaft infrage gestellt. Die neue Version ist ein kritischer erster Schritt auf Microsofts Weg zu neuer Glaubwürdigkeit." Mit "Windows" erwirtschaftet das Unternehmen mehr als die Hälfte seines Umsatzes. Konzernchef Steve Ballmer bekannte am Mittwoch: "Ich muss sagen, ich habe daran zu kauen". Er sei bereit, selbst Verkaufstelefonate zu führen.

Microsoft lockt mit Rabatten

Um gerade zu Beginn des Marktstarts den Kunden "Windows 7" schmackhaft zu machen, lockt Microsoft verschiedene Kundensegmente mit Preisnachlässen. So sollen in Deutschland Studenten in einem begrenzten Zeitraum eine Update-Version für 35 Euro aus dem Internet herunterladen können. Familien erhalten drei Lizenzen der Basisversion "Home Premium" für 149 Euro. Und mittelständische Unternehmen, die bereits eine "Windows"-Vorgängerversion nutzen, erhielten auf die Lizenzen der neuen Version bis Februar bis zu 35 Prozent Rabatt. Die regulären Preis für Einzellizenzen liegen je nach Bezugsart und Umfang der Variante zwischen 120 und 320 Euro. Bisher ist "Windows 7", das Experten als gelungen loben, in 14 Sprachen erhältlich. Bis Jahresende sollen es 36 sein.

Computer- und Chiphersteller wie Dell, Acer oder Intel rechnen entgegen anfänglicher Skepsis inzwischen mit einem Absatzschub durch "Windows 7". Die Erwartungen ruhen vor allem auf den populären Mini-Laptops, sogenannten Netbooks. "Vista" lief bislang auf diesen Rechner nicht, sondern nur das alte "Windows XP". Diese Zeit sei nun vorbei, eigens zum Marktstart böten die Hersteller nun noch flachere und leichtere Geräte. "Ein Netbook mit XP ist ab heute unverkäuflich", sagte Berg.

Google greift an

Allerdings droht Microsoft, dessen "Windows"-Betriebssysteme auf über 90 Prozent aller Computer weltweit laufen, neue Konkurrenz. Der Internetkonzern Google, der mit seiner Online-Software zunehmend etablierte Anbietern zu schaffen macht, will mit einem eigenen Betriebssystem rasch nachziehen.

Google-Chef Eric Schmidt sagte, "Chrome OS" werde "vernünftigerweise bald" auf den Markt kommen. Im Sommer hatte Google noch von einem Zeitplan bis Ende 2010 gesprochen und zwar zunächst für einen Einsatz auf Netbooks, später dann für PCs. In den Bereichen Suchmaschinen und Online-Werbung hat der Internet-Emporkömmling Microsoft bereits weit hinter sich gelassen. Nun soll auch eine der letzten Bastionen fallen.

Doch nicht nur Google wildert im angestammten Revier des Konzerns aus Redmond im US-Bundesstaat Washington. Apple hat Microsoft mit seinen trendigen Produkten und schlank gestalteten Programmen spürbar zusetzen können. Seit der Markteinführung von Vista ist der Apple-Marktanteil bei PCs in den USA von 5 auf 11 Prozent gestiegen. Auch hier will das von Bill Gates gegründete Unternehmen mit "Windows 7" verlorenen Boden gut machen.

(RTR/AP/ndi)
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