Umstrittener Änderungsvorschlag Zweiklassengesellschaft bei Hartz-IV-Empfängern?

Berlin (RPO). Hartz IV ist das Dauerstreitthema in der Politik. Jetzt gibt es einen neuen, kontroversen Vorschlag aus dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit: Zukünftig soll ein Teil der Hartz IV-Empfänger mehr Geld bekommen - wenn über längere Zeit Steuern gezahlt wurden. Experten warnen vor einer Zweiklassengesellschaft.

Die Ergebnisse der Hartz-IV-Studie im Detail
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Foto: ddp

Angesichts der zu erwartenden Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt plädiert Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, für eine Besserstellung eines Teils der Hartz-IV-Empfänger. Wer jahrelang gearbeitet und in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt habe, solle besser gestellt werden als Erwerbslose, die schon ihr Leben lang arbeitslos gewesen seien, forderte Alt in der Tageszeitung "Die Welt".

"Ich befürchte, dass im kommenden Jahr die Zahl derer steigt, die in die Sozialkassen eingezahlt haben und dennoch in das Hartz-IV-System übergehen", sagte Alt. Das führe "aus Sicht der Betroffenen zu einem Gerechtigkeitsproblem, ihre Lebensleistung sollte anerkannt werden. Sie sollten im System in irgendeiner Form dauerhaft privilegiert werden gegenüber denjenigen, die ihr Leben lang Transferleistungen bezogen haben", forderte Alt. Bisher bekommen Arbeitslose, die aus der Arbeitslosenversicherung in Hartz IV wechseln, nur zwei Jahre lang einen Zuschlag.

Experten sehen die Reformvorschläge allerdings kritisch. Mit einem Zweiklassensystem bei Hartz IV "drehe man die Hartz-Reformen zurück", sagte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) der Zeitung. "Damit würde dem Vorruhestand wieder Tür und Angel geöffnet", sagt der Experte. Die Arbeitslosenversicherung sei zudem keine Kapitalversicherung, die sich nach der Höhe der Einzahlung richte. Die Kosten würden beträchtlich sein, warnte Brenke.

Reformbedarf auch bei Wohnkosten

Alt unterstützt zudem die Pläne von SPD und Union in ihren Wahlprogrammen, die Schonvermögen zu erhöhen. Zudem sieht Alt Reformbedarf bei den Leistungen für die Wohnkosten: "Wir beobachten, dass sich die Wohnkosten in Richtung der Mietobergrenze bewegen. Man könnte die Kosten der Unterkunft pauschalieren, damit jeder Leistungsempfänger einen Anreiz hat, günstig zu wohnen." Da die Wohnkosten derzeit bis zu einer Obergrenze übernommen werden, haben Hartz-Empfänger keinen Vorteil, wenn sie eine billigere Wohnung finden.

(AP)
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