Verfassungsrichter in Rheinland-Pfalz Urteil aus Koblenz: Rundfunkbeitrag rechtmäßig

Koblenz · Noch bevor am Donnerstag das mit Spannung erwartete Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zum Thema Rundfunkbeitrag verkündet wird, hat der Verfassungsgerichtshof (VGH) in Rheinland-Pfalz keinerlei rechtliche Bedenken gegen die seit 2013 erhobenen Rundfunkbeiträge.

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Foto: dpa, Arno Burgi

Die Verfassungsbeschwerde eines Straßenbauunternehmens aus Montabaur wies das Gericht in Koblenz am Dienstag ab. Die seinerzeit erfolgte Neuregelung zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werde in ihren Grundstrukturen bestätigt, sagte VGH-Präsident Lars Brocker bei der Verkündung des Urteils.

Im Kern war es in dem Verfahren darum gegangen, ob das Finanzierungsmodell für öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehsender Grundrechte wie die Handlungsfreiheit oder den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Das verneinte der VGH eindeutig. Die Unterschiede bei der Abgabenlast von Privatpersonen auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite beruhten auf vernünftigen, einleuchtenden Gründen, sagte Brocker.

Es sei auch nichts dagegen einzuwenden, dass Unternehmen je nach Zahl der Betriebsstätten und Zahl der Mitarbeiter typisiert würden und nicht jeder Fall einzeln betrachtet werde. "Jede gesetzliche Regelung muss generalisieren", sagte Brocker.

Die Firma Volkmann und Rossbach mit einem vergleichsweise großen Fuhrpark hielt es vor allem für ungerecht, wegen der Beiträge für Firmenwagen mehr als früher zahlen zu müssen. Die geschäftsführende Gesellschafterin Vanessa Volkmann zeigte sich nach der Entscheidung enttäuscht. "Wir haben jetzt damit umzugehen."

Popularklage in München - Urteil am 15. Mai

Schon am Donnerstag wird die nächste wichtige Entscheidung zu dem Thema erwartet, dann will der bayerische Verfassungsgerichtshof über die Beiträge entscheiden. Dort hatten ein Anwalt aus Ingolstadt und die Drogeriekette Rossmann Popularklagen erhoben.

Der Jurist Ermano Geuer sieht in seiner Klage den Gleichheitsgrundsatz in der aktuellen Regelung verletzt. Die Klage richtet sich direkt an das Verfassungsgericht. Die sogenannte Popularklage ermöglicht es Privatleuten und Firmen in Bayern, gegen ein bayrisches Gesetz zu klagen, ohne direkt davon betroffen zu sein und ohne den mühsamen Weg durch Instanzen nehmen zu müssen.

Die Kläger Geuer und Rossmann halten die Rundfunkbeiträge für verfassungswidrig, deswegen wenden sie sich ans Landesverfassungsgericht. "Es geht darum, ob der Gleichheitssatz gewahrt ist und ob es sich bei den Rundfunkbeiträgen nicht um eine versteckte Steuer handelt", sagt Geuer.

Die seit Januar 2013 geltende neue Regelung besagt, dass jeder Haushalt zahlen muss — egal ob er einen Fernseher, ein Radio oder einen empfangsfähigen Computer hat oder nicht. Auch spielt es keine Rolle, wieviele Menschen in dem Haushalt leben. Somit sind Single-Haushalte per se schon schlechter gestellt. Dadurch werde Ungleiches gleich behandelt, argumentieren die Gegner. Betriebe mit wenigen Betriebsstätten würden unterproportional wenig zahlen, Betriebe mit vielen Betriebsstätten oder einem großen Fuhrpark dagegen extrem viel.

Laut Geuer handelt es sich bei dem Rundfunkbeitrag zudem um eine versteckte Steuer, weil er — einfach ausgedrückt — nicht für eine konkrete Nutzung erhoben werde. Denn es gibt keine individuelle Gegenleistung für die Bezahlung. Die Gruppe der Beitragszahler lasse sich nicht von der Allgemeinheit abgrenzen und habe keinen Sondervorteil.

Doch nur der Bund darf Steuern erheben - den Bundesländern, die den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag im Jahr 2010 unterschrieben haben, fehlt die Kompetenz dazu. Auch das mache eine Regelung verfassungswidrig, sagt der Jurist.

Abgesehen von formalen Bedenken halten andere Kritiker noch eine Vielzahl von Argumenten bereit: So wird über die exorbitanten Personalkosten der Senderfamilien gesprochen. Auch die Zahl der Sender und Radiostationen gilt es demnach zu überdenken (fast 100 Radiosender, 16 Landesrundfunkanstalten, Nischensender wie ZDFNeo, Arte). ARD und ZDF müssten sich zudem fragen lassen, wieso Fußball oder Musikantenstadl zur Grundversorgung gehören und warum ein Etat von fast neun Milliarden Euro noch zusätzlich durch Werbung erhöht werden muss. Zudem wird das Recht auf informelle Selbstbestimmung infrage gestellt. Nicht zuletzt wird die monetäre Belastung von Geringverdienern angeprangert.

(dpa)
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