Frankfurt/M. US-Zinspolitik verschreckt Anleger

Frankfurt/M. · Die großen Börsen verlieren deutlich, auch Öl wird billiger. Wann die Zinswende kommt, bleibt offen.

Die Zitterpartie an den Börsen geht in die Verlängerung: Die verschobene Zinswende in den USA hat den europäischen Aktienanlegern zum Wochenschluss ordentlich Kopfschmerzen bereitet. Zusätzlich sorgte der dreifache Verfallstag an den Terminbörsen für heftige Kursbewegungen. Der Dax fiel um mehr als drei Prozent auf 9916 Punkte, der Euro Stoxx50 verlor ebenfalls drei Prozent auf 3157 Zähler.

"Die US-Notenbank hat erkannt, dass die Weltwirtschaft auf wackligen Beinen steht, speziell in Asien", sagte Analystin Sarah Brylewski vom Brokerhaus Ayondo. Die Konjunktursorgen nähmen wieder zu, hinzu komme die Unsicherheit, wann die Fed nun die Zinsen anhebe, sagte John Plassard vom Vermögensverwalter Mirabaud Securities. Das trübte auch an der Wall Street die Stimmung. Dow Jones & Co verloren bis Handelsende in Europa bis zu ein Prozent. Anleger verkauften vor allem Bankaktien.

Aus Rücksicht auf den schwächelnden Wirtschaftsriesen China und die unsicheren Aussichten für die globale Wirtschaft hatten die Währungshüter am Donnerstag auf die erste Zinserhöhung in den USA seit fast zehn Jahren verzichtet. Der Konjunkturpessimismus trieb Anleger auch aus den Rohstoffmärkten. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um mehr als zwei Prozent auf 48,15 Dollar, das US-Öl WTI sogar um 3,3 Prozent. Kupfer kostete mit 5257,50 Dollar je Tonne 2,4 Prozent weniger als am Vortag.

Ob die Zinswende nun - wie von vielen Experten erwartet - im Dezember kommt, ließ Fed-Chefin Janet Yellen offen: Auch der Oktober bleibe eine Möglichkeit, betonte sie. "Die Unberechenbarkeit der Fed sorgt für hohe Nervosität", urteilten die Analysten der Metzler Bank. "Wichtig wird sein, dass die Fed in ihrer Kommunikation glaubhaft bleibt, um das Vertrauen der Marktteilnehmer nicht zu verspielen", betonte Ralf Frank vom Investmentverband DVFA. Kritik am Kurs der amerikanischen Notenbank kam von der Deutschen Bank: "Jetzt einen Normalisierungsprozess einzuleiten, wäre absolut angemessen und, ehrlich gesagt, schon lange überfällig gewesen", sagt Chefvolkswirt David Folkerts-Landau. Nicht nur er warnt vor den Risiken und Nebenwirkungen der ultralockeren Fed-Politik. Die Geldschwemme kann zu gefährlichen Spekulationsblasen an den Immobilien- und Finanzmärkten führen.

Nerven kostete Anleger zum Wochenschluss auch der "Hexensabbat". Zu diesem Termin verfallen Futures und Optionen auf Indizes sowie Optionen auf einzelne Aktien - Investoren versuchen daher die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung zu bewegen. Die Kursausschläge fallen dabei meist heftig aus.

(rtr)
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