Bundestag will Regelung verabschieden Verdi-Chef Bsirske warnt vor Folgen des Tarifeinheitsgesetzes

Berlin · Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, hat das geplante Gesetz zur Tarifeinheit als kontraproduktiv kritisiert. Es schwäche das Tarifvertragssystem, sagte er vor der Verabschiedung der Regelung im Bundestag.

 Frank Bsirske sagt, das Gesetz schwäche das Tarifvertragssystem.

Frank Bsirske sagt, das Gesetz schwäche das Tarifvertragssystem.

Foto: dpa, wk kno

Zudem sei das Gesetz zumindest indirekt ein Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Streikrecht: "Wenn im Betrieb nur noch der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft gelten soll, können Minderheitsgewerkschaften keinen eigenen Tarifvertrag mehr durchsetzen — ein Streik wäre damit nach bisheriger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte unverhältnismäßig."

Problematisch sei, dass es im Gesetz keinen Vorrang für allgemeinverbindliche und Flächentarifverträge gebe. "Wenn in jedem Betrieb ermittelt werden muss, welche Gewerkschaft dort die Mehrheit der Beschäftigten organisiert, wird die Konkurrenz der Gewerkschaften untereinander deutlich zunehmen", sagte Bsirske voraus. "Das stärkt nicht das Tarifvertragssystem, sondern birgt die Gefahr, dass Konzern-, Flächen- und Branchentarifverträge durchlöchert werden."

Bsirske weiter: "Wir lehnen jeden gesetzlichen Eingriff ins Streikrecht ab, weil dies ein Einfallstor für politische Einschränkungen gewerkschaftlicher Rechte wäre. Tarifeinheit ist grundsätzlich erstrebenswert, damit Beschäftigte nicht gegeneinander ausgespielt werden, aber dies müssen wir mit gewerkschaftlichen Mitteln erreichen."

Das umstrittene Gesetz soll am Freitag im Bundestag die letzte parlamentarische Hürde nehmen. Die Koalition will es in dritter Lesung beschließen. Linke und Grüne sind dagegen.

Mit dem Gesetz soll geregelt werden, dass in Betrieben mit mehreren Tarifverträgen für gleiche Beschäftigtengruppen nur noch der Vertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gilt. Streiks der Minderheitsgewerkschaften könnten dann als unverhältnismäßig eingestuft werden. Das dürfte künftig etwa für die Lokführergewerkschaft GDL ein Problem sein, die gerade ihren 9. Streik im aktuellen Tarifkonflikt bei der Bahn beendet hat.

(dpa)
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