Lebensversicherung Vererben, verschenken, versteuern

Lebensversicherung · Steuern und Freibeträge, Testament und Schenkung – in Erbrechtsfragen muss Vieles beachtet werden. Wir geben einen Überblick über wichtige Fragen, die sich für den Erblasser und den oder die Erben stellen.

Die Erbschaften werden immer größer. Rund 250 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr vererbt. Das ist ein neuer Rekord. Doch die Streitigkeiten um das Erbe liegen ebenfalls auf Topniveau. Rund bei einem Viertel aller Erbschaften gibt es Ärger, schätzt die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Der Erblasser sollte daher wissen, was rechtlich möglich ist. Dann kann er klare Verhältnisse schaffen, nach seinem persönlichen letzten Willen.

Beim Erben hält der Staat die Hand auf. Er kassiert Erbschaftssteuer. Entscheidend ist die Höhe des Erbes, die bei Immobilien oder Antiquitäten aktuell ermittelt werden muss. Bei Gütern gilt der mögliche Verkaufspreis. Gleichzeitig ist der Verwandtschaftsgrad für die Höhe der Steuer maßgebend. Je näher dieser Grad ist, desto geringer ist die Erbschaftsteuer. Ehegatten, Kinder und Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft haben die höchsten Freibeträge (siehe Tabelle).

Wer zu Lebzeiten das Erbe genau aufteilt, kann Streit vermeiden. Zwar darf man das Erbe testamentarisch bestimmten Personen vermachen, doch den sogenannten gesetzlichen Pflichtteil kann man meist nicht ausschließen. So reicht es nicht aus, wenn das Kind keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern hat. Es müssen gravierende Umstände vorliegen, die eine solche volle Enterbung möglich machen. Wer nur seinen Pflichtteil erhält, bekommt nur noch die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Stirbt beispielsweise ein Verheirateter und hinterlässt Partner und zwei Kinder, steht dem Ehepartner die Hälfte des Erbes zu. Die zweite Hälfte wird unter den Kindern aufgeteilt. Jedes Kind bekommt daher ein Viertel oder als Pflichtteil noch ein Achtel.

Mit einem klar formulierten Testament oder einem Erbvertrag lässt sich Vieles sauber regeln. Sinnvoll ist es, bei der Abfassung des letzten Willens einen Experten zu Rate zu ziehen. Zwar ist ein handschriftlich angefertigtes, mit Datum und Unterschrift versehenes Testament ein gültiges Vermächtnis. Doch nicht immer wird damit der Wille des Erblassers rechtsgültig umgesetzt. "Aktuell liegt mir ein Testament vor, in dem es fast wörtlich heißt: Die Söhne sollen den Großteil des Erbes erhalten, weil der Tochter bereits zu Lebzeiten ein Studium und ein Auslandsaufenthalt finanziert wurde", sagt Ralph-Patrick Paul, Fachanwalt für Erbrecht aus Düsseldorf. Eine solche Regelung kann angefochten werden. Denn die Finanzierung des Studiums ist ein Unterhaltsanspruch, der in der Regel erbrechtlich nicht ausgleichsfähig ist.

Anders liegt der Fall, wenn die Eltern mit einer Schenkung, die Ausstattung einer Werkstatt oder Praxis finanzieren und somit einem Kind eine besondere Lebensstellung ermöglichen. "Hier ist ein erbrechtlicher Ausgleich zwischen den Geschwistern möglich", so Paul.

Dieses Testament setzt zunächst den überlebenden Partner als Haupterben ein, nach dessen Tod die Kinder als Schlusserben. "Das funktioniert nicht immer", warnt Paul. Schwierig wird es vor allem bei Patchwork-Familien. "Hier empfiehlt es sich, die Verhältnisse per Erbvertrag maßgeschneidert zu regeln", sagt der Experte, der Mitglied der Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) ist.

Die DVEV hat im Internet (www.erbrecht.de) eine Suchmaschine eingerichtet, in der bundesweit rund 2300 Rechtsanwälte, Fachanwälte für Erbrecht, Notare, Testamentsvollstrecker, Steuerberater oder Nachlasspfleger gefunden werden können.

Wer sich in erbrechtlichen Fragen beraten lassen will, kann dies in der Regel kostenfrei machen, wenn er rechtsschutzversichert ist. Bei einigen Anbietern werden sogar weitere Dienste wie die Testament-Aufsetzung oder die außergerichtliche Interessenvertretung finanziert.

Wichtig ist die Beratung vor allem dann, wenn der Erblasser über ein sehr großes Vermögen verfügt und dieses frühzeitig per Schenkung weitergeben will, um so den Nachkommen Erbschaftssteuer zu sparen. Die Freibeträge können alle zehn Jahre voll ausgenutzt werden. Steuervorteile gibt es zudem bei Zuwendungen zum Zwecke des angemessenen Unterhalts, zur Ausbildung des Begünstigten oder bei der Einrichtung eines gemeinschaftlichen Bank- oder Wertpapierdepots. Somit lassen sich große Vermögen über mehrere Jahrzehnte hinweg steuerfrei übertragen.

Auch bei Schenkungen kann man mit intelligenter Vertragsgestaltung Unwägbarkeiten des Lebens begegnen. "So kann bei einer Immobilie beispielsweise ein Rückübereignungsanspruch verankert werden", erläutert Jurist Paul. Der kann dann beispielsweise wirksam werden, wenn die Ehe des Kindes zerbricht und Ansprüche von Schwiegertochter oder -sohn auf das Haus abgewehrt werden sollen.

Das Bezugsrecht regelt, wer im Todesfall der versicherten Person die vereinbarte Leistung erhalten soll. Die Auszahlung der Versicherungssumme fällt nicht in den Nachlass. Es kann also ein Bezugsberechtigter auftreten, der mit der übrigen Erbschaft nichts zu tun hat. Daher sollte man immer wieder prüfen, wer als Bezugsberechtigter eingesetzt wurde, und ob dies noch dem eigenen Wunsch entspricht. Die Erbschaftssteuer kann man bei Lebensversicherungen umgehen, wenn nicht der Versicherte die Beiträge zahlt, sondern nachweislich der Begünstigte.

(RP)
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