Düsseldorf Viele Banken zahlen Entgelte nicht zurück

Düsseldorf · Laut Bundesgerichtshof können Kunden Bearbeitungsentgelte, die sie für Kredite gezahlt haben, von Geldinstituten zurückverlangen. Doch viele Häuser lehnen die Forderungen weiter ab. Kunden können dagegen vorgehen.

Als Albert R. von dem Richterspruch aus Karlsruhe hörte, da freute er sich schon auf eine saftige Rückzahlung seiner Bank. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im Mai die Bearbeitungsgebühren bei bestimmten Krediten für unzulässig erklärt. Also schrieb R. seiner Bank schon am nächsten Tag einen Brief mit der Bitte, das Entgelt zu erstatten. Doch daran denkt die SWK-Bank nicht. Die Begründung: "Die von Ihnen angesprochenen Gebühren wurden individuell vereinbart und auch handschriftlich dokumentiert. Somit ist diese Vereinbarung wirksam."

Solche oder ähnliche Ablehnungen finden derzeit nicht wenige Kreditnehmer im Briefkasten. Unserer Zeitung liegt eine Reihe Schreiben von Sparkassen, Volksbanken und mehreren Privatbanken vor, die ihren Kunden mitteilen, der BGH-Richterspruch treffe auf den konkreten Fall nicht zu. Die Begründungen sind sehr unterschiedlich.

Mal erklärt eine Bank, es handle sich nicht um ein Bearbeitungsentgelt, sondern um eine Optionsprämie. Ein anderes Institut erklärt, die Gebühr sei gar nicht für eine Tätigkeit erhoben worden, die im eigenen Interesse der Bank stehe wie eine Bonitätsprüfung - das hatte der BGH moniert. Stattdessen werde das Entgelt für die Kapitalüberlassung an sich berechnet. Ein anderes Haus erklärt, das Entgelt sei Bestandteil des Zinses, der Kunde habe also keinen Anspruch. Trotzdem versucht das Institut, dem Kunden gegen eine 50-prozentige Erstattung der gezahlten Gebühr sämtliche weitere Rückforderungsansprüche quasi abzukaufen. Bausparkassen argumentieren, das Urteil beziehe sich nur auf Konsumentenkredite, also solche für Autos oder Möbel. Nicht aber auf Bausparverträge oder Immobiliendarlehen: "Ihrem Rückzahlungswunsch kommen wir nicht nach."

Die Deutsche Kreditwirtschaft als Interessenvertretung aller Banken bestätigt letztere Einschätzung, es gebe keinen Anlass, das Urteil auf andere Darlehen auszudehnen. Verbraucherschützer sehen das aber anders und bereiten entsprechende Klagen vor. Das zeigt: Das Urteil des BGH lässt Vieles im Unklaren, weil über zwei spezielle Fälle entschieden wurde. Viele Institute, das geht aus den Schreiben hervor, beziehen die Entscheidungen nicht auf sich.

Zwar setzen nach Einschätzung von Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale NRW viele Institute das BGH-Urteil um und erstatten zu Unrecht gezahlte Entgelte. "Viele Banken stellen sich aber pauschal quer und lehnen den Anspruch der Kunden mit vorgefertigten Musterbriefen ab", sagt die Finanzexpertin. Mehrere hundert solcher Fälle bearbeitet die Stelle im Moment, hinzu kommen noch weitere in den Beratungsstellen im Land. Wie viele Kunden bereits Ansprüche erhoben haben, ist ungewiss. Schätzungen der Verbraucherzentrale zufolge könnten auf die Banken Kosten von mehr als eine Milliarde Euro zukommen. Je nachdem, wie weit das Urteil zurückreicht. Und das ist ebenfalls umstritten.

Bei vielen Kreditnehmern lehnen Banken eine Rückzahlung nämlich ab, weil diese verjährt seien. Die Geldinstitute berufen sich auf eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Wer das Entgelt vor dem 1. Januar 2011 gezahlt habe, sei demnach von der Erstattung ausgeschlossen. Verbraucherschützer gehen aber von einer zehnjährigen Frist aus. Darüber entscheidet der BGH zwar erst am 28. Oktober dieses Jahres, dennoch lehnen Banken dies bereits jetzt ab. "Kreditnehmer sollten sich unbedingt an den zuständigen Ombudsmann wenden", rät Annabel Oelmann. "Der kann die Verjährung hemmen, sie also aussetzen." Wenn das nicht passiert bis die Rechtslage zweifelsfrei geklärt ist, könnte ein Anspruch verfallen sein. Ansonsten sollten Kunden sich Rat bei einem Anwalt holen. Doch genau das scheuen viele. "Bei vielen Geldinstituten wird nur Hartnäckigkeit belohnt", sagt Oelmann.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort