Bochum Vision des Vodafone-Chefs: Autos, die um die Ecke gucken

Bochum · Jahrzehntelang gab es eine Grenze, zu klein, um sie mit dem menschlichen Auge zu sehen, doch so groß, dass Generationen von Wissenschaftlern dachten, sie sei unüberwindbar: 200 Nanometer. Selbst die besten Mikroskope schafften es nicht, eine stärkere Vergrößerung zu erzeugen. Dann entwickelte Stefan Hell eine neue Technologie. Der Physiker bekam für seine Forschung den Nobelpreis - und die Mikroskop-Anbieter hatten den Wandel verpasst.

Die Automobil-Hersteller haben wenig Lust, in eine ähnliche Lage zu geraten. Doch auch sie sehen sich mit gewaltigen Umbrüchen konfrontiert. Umso wichtiger ist es aus Sicht von Harald Krüger, dass die Auto-Hersteller innovativ bleiben: "Wir wissen heute noch nicht, ob sich die Elektromobilität durchsetzt gegenüber Wasserstoff, wir wissen nicht, welche Entwicklungen es in der Batterietechnik gibt. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Technologieführerschaft behalten - auch für den Standort Deutschland", sagte der BMW-Chef gestern beim CAR-Symposium in Bochum.

Sein eigenes Unternehmen sieht er für die neue Ära der Mobilität jedenfalls gut gerüstet. Rund 100.000 Plug-in-Hybride und Elektroautos wolle man in diesem Jahr verkaufen, bekräftigte Krüger bei dem Automobilkongress. Dies sei deutlich mehr als in der Vergangenheit. Zwischen 2013 und 2016 habe BMW rund 100.000 elektrische Fahrzeuge veräußert.

Aktuelle Zahlen machen der Automobilbranche jedoch wenig Hoffnung: Trotz Kaufprämien bleiben Elektro-Fahrzeuge bislang zumindest in Deutschland Ladenhüter. Bis Ende Januar wurden insgesamt lediglich 10.835 Anträge auf eine Prämie gestellt, wie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mitteilte.

Davon waren rund 6100 Anträge für reine Elektroautos und knapp 4700 für Plug-In-Hybride. "Die Elektromobilität ist davon abhängig, welche Infrastruktur es gibt", sagt Harald Krüger.

Das ist das Spannende am Wandel der Automobilindustrie: Technisch sind die Unternehmen in vielen Fällen recht weit, aber vielfach fehlt noch die Infrastruktur. Das können Stromtankstellen sein für E-Autos oder Karten und intelligente Netze für autonom fahrende Autos. Krüger: "Wir haben alle Teile, wir wissen auch, was wir zu tun haben, jetzt müssen wir wie bei einem Puzzle alles zusammensetzen."

Für ein Puzzle-Teil will Vodafone sorgen: das Mobilfunknetz. "Darüber könnten Fahrzeuge Daten austauschen, mit denen sie um die Ecke schauen könnten", sagt Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter, "das geht mit den Sensoren in Autos nicht." Ampeln würden damit überflüssig, Verkehrsunfälle verhindert. Das Potenzial von Computer-Autos ist riesig, glaubt Ametsreiter: "Das autonome Fahren kommt - und das gibt uns die Chance, in jedes Auto eine SIM-Karte einzubauen."

(frin)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort