Düsseldorf Vodafone setzt auf das autonome Auto

Düsseldorf · Der Wandel in der Autoindustrie lässt Telekommunikationsfirmen hoffen - denn mit Handy-Verträgen verdienen sie immer weniger Geld.

Noch immer scheint es schwer vorstellbar, doch bald wird die Serie "Knight Rider" aus den 1980er Jahren Realität sein. Ok, Autos werden zwar keine Verbrechen bekämpfen, wie es "Kitt" gemeinsam mit seinem menschlichen Partner gemacht hat. Aber sonst dürfte es viele Parallelen geben: Autos werden alleine fahren, man wird sich mit ihnen unterhalten und Informationen abrufen können. Permanent.

Die Auto-Industrie, aber auch Internet-Konzerne wie Google hoffen auf Milliardengeschäfte. Einer der größten Profiteure des Wandels könnten jedoch auch die Mobilfunkkonzerne sein. Denn ihre Netze werden gebraucht, damit Autos kommunizieren können. "Vieles ist in Bewegung", sagt Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland. Die Düsseldorfer hoffen auf neue Erlösquellen, leiden sie doch - genau wie die Konkurrenten Telekom oder O2 - unter den fallenden Preisen beim Geschäft mit Handyverträgen.

Der Wandel im Automarkt beflügelt daher die Fantasie, denn das Potenzial ist gewaltig: 61,5 Millionen Fahrzeuge gab es 2016 in Deutschland. "Das autonome Fahren kommt - und damit wird künftig jedes Fahrzeug eine Sim-Karte brauchen", sagt Ametsreiter: "Denn allein mit Sensoren werden Autos künftig nicht um Ecken schauen können. Dafür braucht es intelligente Netze."

Auf der Autobahn A9 in Bayern testet Vodafone bereits neue Mobilfunk-Technologie, mit der die Kommunikation zwischen Fahrzeugen ohne Verzögerungen möglich wird. Vernetzte Autos senden dabei beispielsweise Informationen zur Geschwindigkeit, zur Position und zum Spurwechsel direkt an alle Fahrzeuge im Umkreis von 320 Metern. "Die Lösungen für stabile Verbindungen gibt es schon", sagt Ametsreiter. Unklar sei bislang lediglich, welche Anforderungen die Netze in Zukunft erfüllen müssen. Denn klar ist, dass der Datenverkehr explodieren wird. "Reifen, Motorleistung, Temperaturfühler - es gibt immense Mengen an Daten, die beim Fahrzeug gewonnen werden können", sagt Ametsreiter.

Und wie schnell der Verbrauch dadurch steigen kann, hat der Mobilfunker bereits bei Handys gesehen: Beim Blackberry hätten Kunden in der Vergangenheit im Schnitt zwei Megabyte Datenvolumen pro Monat gebraucht, sagt Ametsreiter. Heute verbrauche ein Smartphone-Nutzer drei Gigabyte pro Monat. Und bei einem Transatlantikflug einer Boeing 777 fielen 30 Terabyte an.

Horrende Mobilfunk-Kosten müssten Verbraucher aber nicht befürchten. "Im Zweifel würden Mobilfunkverträge für Fahrzeuge sicherlich deutlich günstiger sein als Handyverträge", sagt er. Grundsätzlich seien aber unterschiedliche Bezahlmodelle und Abrechnungssysteme denkbar. Beim E-Book-Lesegerät Amazon Kindle sei in Europa beispielsweise von vorherein eine Vodafone-Sim-Karte eingebaut, ohne dass die Käufer diese bezahlen müssten. Sowas wäre auch beim Auto möglich: "Wir sind führend bei der Vernetzung, nahezu alle großen Autohersteller arbeiten mit uns zusammen. Vielleicht zahlt aber auch ein Werbepartner die Karte, weil er das Auto als Werbefläche nutzen will."

Überhaupt, ist er überzeugt, werde sich die Art, wie man ein Auto betrachtet, komplett verändern. Das belegte zuletzt auch eine Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom. Demnach ist es 62 Prozent der Befragten wichtig, ein eigenes Auto zu besitzen. Würde es künftig jedoch möglich sein, jederzeit per Smartphone ein Fahrzeug zu rufen, würden 61 Prozent der Befragten kein eigenes Fahrzeug mehr kaufen.

"Durch das autonome Fahren wird es möglicherweise künftig weniger Autos geben", ist auch Ametsreiter überzeugt: "Es wird dafür Plattformen geben, über die Mobilität bereitgestellt wird - und das Smartphone wird die zentrale Steuereinheit dafür werden." Die Menschen würden künftig Mobilität nach ihren Bedürfnissen einkaufen, prognostiziert der Österreicher, der selbst in Düsseldorf kein eigenes Auto mehr hat, sondern auf Carsharing-Angebote wie Car2Go zurückgreift: "Und warum sollten wir dabei nicht die Abrechnung übernehmen?"

Wichtig ist aus seiner Sicht, dass Deutschland mit seiner starken Auto-Industrie die weltweiten Standards beim autonomen Fahren setzt. Dazu müsse man schneller als die Konkurrenz sein. "Diejenigen, die zuerst die Standards setzen, werden gewinnen." Dazu sei es wichtig, dass die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schaffe: "Die gesamten Fördermittel zum Breitband-Ausbau gehen bislang in die Festnetze - wenn Deutschland es ernst meint, müsste das Geld auch in den Ausbau der Mobilfunknetze fließen."

(frin)
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