Bochum Vonovia bangt um Milliarden-Übernahme

Bochum · Der Immobilienkonzern verlängert die Angebotsfrist zur Übernahme der Deutsche Wohnen.

Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia muss um die geplante milliardenschwere Übernahme der Rivalin Deutsche Wohnen bangen. Das Bochumer Unternehmen will sich nun im ersten Anlauf mit rund 44 Prozent der Aktien an der Deutschen Wohnen begnügen, wie Finanzvorstand Stefan Kirsten gestern Abend in einer kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz sagte. Damit sei trotzdem sichergestellt, dass Vonovia am Ende die angestrebte Mehrheit an Deutsche Wohnen erreichen werde. "Die sechs Prozent fallen uns dann sowieso in den Schoß", gab sich Kirsten zuversichtlich. Denn viele Inhaber von Wandelanleihen und Indexfonds-Verwalter wollten mitziehen, dürften das aber erst, wenn der Erfolg der 14 Milliarden Euro schweren Übernahme gesichert sei, begründet Kirsten seine Zuversicht.

Das Übernahmeobjekt, die Deutsche Wohnen wollte sich zunächst nicht äußern.

Mit dem Schachzug gewinnt Vonovia bei dem Übernahmeversuch auch Zeit. Denn die Annahmefrist der Offerte, die am späten Dienstagabend abgelaufen wäre, verlängert sich damit automatisch um zwei Wochen bis zum 9. Februar. Bislang läuft der Prozess schleppend. Vonovia habe erst "deutlich mehr als 20 Prozent" der Deutsche-Wohnen-Anteile sicher, räumte Kirsten ein. Viele Investoren warten bis zum letzten Tag, ehe sie sich in solchen Situationen entscheiden. Das gilt vor allem für große Publikumsfonds.

Vonovia bezeichnete den Schritt als Vorsichtsmaßnahme, um den Erfolg nicht aus technischen Gründen zu gefährden. Gerade im aktuell sehr volatilen Marktumfeld gebe es eine gewisse Unsicherheit bei großen Deals, erklärte Kirsten. "Wir erhöhen die Transaktionssicherheit in einer Transaktion, die uns sehr wichtig ist."

Viele Banker und Branchenkenner hatten schon bisher ein enges Rennen erwartet. Der Deutsche-Wohnen-Vorstand wehrt sich seit Monaten heftig gegen den Verkauf und hatte - wie Vonovia - in den vergangenen Wochen versucht, Investoren in persönlichen Gesprächen auf seine Seite zu ziehen. Der Chef der Deutsche Wohnen, Michael Zahn, lehnt die Offerte als feindlich ab. Der Preis sei zu niedrig und die versprochenen Synergien durch die Zusammenlegung beider Unternehmen unrealistisch, lautet Zahns Begründung.

Die Inhaber der Deutsche-Wohnen-Wandelanleihen können ihre Papiere in so viele Aktien umtauschen, dass sie rund 14 Prozent des Deutsche-Wohnen-Kapitals hielten. Um zu verhindern, dass sie die Transaktion am Ende torpedieren können, wollte Vonovia mit dem Übernahmeangebot zunächst auf 57 Prozent der bestehenden Aktien kommen - nun gibt sie sich mit 50 Prozent zufrieden.

"Wir haben jetzt genügend Transparenz, dass wir diesen Sicherheitspuffer entfernen können", sagte Kirsten. Denn der Immobilienriese sei überzeugt, dass die Wandelanleihen-Inhaber mitziehen werden. Mehr als die Hälfte dieser und ähnlicher Papiere habe Vonovia sicher, mehr als bei den Aktien. Einige der Investoren müssten aus rechtlichen Gründen aber noch warten, erläuterte der Finanzchef.

Gelingt die Übernahme am Ende doch, wäre es die größte, die es je auf dem deutschen Immobilienmarkt gegeben hat. Entstehen würde ein Konzern, der bundesweit rund eine halbe Million Wohnungen verwaltet und die Konkurrenz weit hinter sich lässt. Das Kartellamt hat nichts dagegen, weil es weiterhin noch viele kommunale Vermieter im Markt gibt.

Auch der Deutsche Mieterbund lehnt das milliardenschwere Angebot an die Aktionäre ab. Er fürchtet, dass eine Fusion Nachteile für die Miete bedeutet. Die Übernahme werde den Druck zur Kostensenkung einerseits und der Steigerung der Einnahmen andererseits erhöhen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn anschließend die Mieten steigen", fürchtet Silke Gottschalk, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbundes NRW.

(RP)
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