Braunschweig VW-Abgasskandal: Rechtsportal reicht erste Musterklage ein

Braunschweig · Der Dienstleister My-right.de vertritt Geschädigte in einer Art Sammelklage gegen VW. Über 100.000 Kunden wollen Ansprüche geltend machen.

Volkswagen muss sich im Abgasskandal seit gestern mit einer neuen Klage beschäftigen. Der Rechtedienstleister My-right.de hat vor dem Landgericht Braunschweig eine erste Musterklage gegen den Konzern eingereicht. In den kommenden Tagen sollen weitere Klagen folgen. In diesem Fall käme es zu einer Art Sammelklage, die es nach deutschem Recht bislang nicht gibt.

Mithilfe des Hamburger Internetportals können sich VW-Kunden, in deren Fahrzeug die verbotene Abschalteinrichtung zur Manipulation der Abgaswerte eingebaut wurde, zusammenschließen und gegen den Konzern vorgehen. Die Kunden treten in diesem Fall ihre Rechtsansprüche an My-right.de ab, das wiederum eine Klage einreicht. Kosten entstehen den Geschädigten nicht. Im Erfolgsfall - einer Rücknahme des Autos durch VW oder einer Schadenersatzzahlung - erhält das Portal eine Provision von 35 Prozent der gezahlten Summe. Laut Homepage sind Entschädigungen von "bis zu 5000 Euro pro Auto" möglich.

Bislang haben sich rund 100.000 Kunden bei My-right.de registriert. "Die meisten Kunden wollen ihr Auto zurücknehmen lassen", sagte Gründer Jan-Eike Andresen gegenüber unserer Redaktion. Im Fall der Musterklage handelt es sich um einen VW-Kunden, der ein Auto der Eos-Reihe, Baujahr 2010, zurückgeben will. Im Gegenzug soll VW den vollen Kaufpreis in Höhe von rund 41.000 Euro erstatten. Ob es aber tatsächlich so weit kommen wird, bleibt abzuwarten: Zu einer Rücknahme ist VW in Deutschland derzeit nur in sehr seltenen Fällen gewzungen. Meist haben deutsche Volkswagen-Kunden zunächst nur das Recht auf eine Nachrüstung per Software-Update.

Vertreten werden Kunden des Portals durch Anwälte der US-amerikanischen Kanzlei Hausfeld. Diese ging bereits in den Vereinigten Staaten gegen Volkswagen vor und erreichte dort, dass der Autobauer bis zu 10.000 Dollar an Geschädigte zahlen muss. Während in den USA jedoch Sammelklagen möglich sind, sind diese in der deutschen Gesetzgebung bisher nicht vorgesehen. My-right.de will deshalb nach eigenen Angaben gleich gelagerte Ansprüche betroffener Käufer, etwa nach dem Modell oder dem Baujahr der Autos geordnet, in einem der Sammelklage ähnlichen Verfahren bündeln. Von der Klagewelle erhofft sich das Portal eine wegweisende Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs.

Für Marion Jungbluth vom Bundesverband der Verbraucherzentralen ist die "Sammelklage" ein Mittel, den Druck auf Volkswagen zu erhöhen. "Während den Kunden in den Vereinigten Staaten und in Kanada ein großzügiges Angebot gemacht wurde, gehen die deutschen und europäischen Betroffenen leer aus. Alle betroffenen VW-Kunden hätten eine Entschädigung für die Abgasmanipulation verdient", so Jungbluth. Ob das Vorgehen erfolgversprechend ist, bezweifelt die Verbraucherschützerin allerdings. Der Masse der Geschädigten würde nur die vom Verband geforderte Musterfeststellungsklage nützen.

(tsp)
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