Wolfsburg VW-Skandal kostet unter 20 Milliarden

Wolfsburg · Die bevorstehende Einigung mit den US-Behörden in der Abgas-Affäre dürfte den Autobauer nochmals bis zu vier Milliarden Euro kosten. An den strafrechtlichen Ermittlungen in Deutschland ändert die Übereinkunft nichts.

Volkswagen hat mit der US-Regierung einen milliardenteuren Vergleich im Dieselskandal ausgehandelt. Danach muss der Wolfsburger Konzern wegen der Abgasmanipulation in den USA umgerechnet 4,1 Milliarden Euro Bußgelder und Strafe zahlen, wie das Unternehmen am Abend erklärte.

Nach dem zugleich veröffentlichten Gerichtsdokument räumt VW den Betrug an Behörden und Kunden über die Emissionen von knapp einer halben Million Dieselfahrzeugen von Mai 2006 bis November 2015 ein. Das Unternehmen bekenne sich der Verschwörung und der Behinderung der US-Justiz schuldig. Verantwortlich seien Manager unterhalb der Vorstandsebene. VW-Chef Matthias Müller erklärte: "Volkswagen bedauert die Handlungen, die zur Dieselkrise geführt haben, zutiefst und aufrichtig."

Das US-Justizministerium hatte den Wolfsburger Konzern vor fast genau einem Jahr verklagt wegen des Verstoßes gegen das Luftreinhaltegesetz. Volkswagen hatte im September 2015 die Manipulation von elf Millionen Autos weltweit zugegeben, darunter knapp eine halbe Million Fahrzeuge in den USA. Dort war der Skandal auch aufgedeckt worden. Eine illegale Software sorgte dafür, dass Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickoxid nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Im normalen Straßenverkehr liegen sie um ein Vielfaches höher.

Die mit der US-Regierung ausgehandelte Strafe im Dieselskandal wird die Rückstellungen von Volkswagen einem Insider zufolge voraussichtlich um maximal rund zwei Milliarden auf 20 Milliarden Euro erhöhen. Die gesamten Rückstellungen seit 2015 dürften eher unter dieser Summe liegen als darüber, hieß es. Schätzungen, die von 18 Milliarden plus vier Milliarden ausgingen, seien "zu hoch".

Bisher hat der Wolfsburger Konzern 18,2 Milliarden Euro zur Bewältigung des Abgasskandals beiseitegelegt, davon wurden 16,2 Milliarden Euro schon 2015 in der Bilanz verbucht. Diese Summe sei bisher nicht ausgeschöpft worden, erklärte ein Insider. "Wir rechnen mit einer Summe von 16 plus x. Das x dürfte bei zwei bis vier Milliarden Euro liegen", ergänzte er.

Die gestrige Einigung mit den amerikanischen Behörden soll nicht ausschließen, dass es gegen weitere Personen neben dem kürzlich wegen Betrugs angeklagten VW-Manager Oliver S. in den USA strafrechtliche Ermittlungen geben könne. In Europa könne Volkswagen nicht so zur Rechenschaft gezogen werden wie in den USA, erklärte Greg Archer von der Umweltlobby Transport and Environment in Brüssel. Daran ändere das Schuldanerkenntnis in den USA nichts. Die Schlupflöcher im EU-Recht verhinderten das, so Archer.

Andererseits gilt: "Die Vereinbarung, die jetzt in den USA im Raum steht, hat keinen Einfluss auf unsere Verfahren hier in Deutschland", betont der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Seine Behörde ermittelt aktuell gegen 31 Beschuldigte - wegen möglicher Marktmanipulation auch gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn, VW-Markenchef Herbert Diess sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden und Ex-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch. Welche Rolle sie gespielt haben, werde unabhängig vom Verfahren in den Vereinigten Staaten nach wie vor mit Hochdruck geprüft, hieß es. Der Austausch mit den amerikanischen Kollegen sei dabei in allen Fragen "sehr eng und gut", unterstrich Ziehe auch mit Blick auf die laufenden deutschen Verfahren - "und die Quellen können sich auf beiden Seiten befinden".

(rtr)
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