Wolfsburg VW-Vorstände verzichten - ein bisschen

Wolfsburg · Zähe Verhandlungen, nun ein Durchbruch: Die Boni werden angeblich um 30 Prozent gekürzt.

Der Rückruf von manipulierten Fahrzeugen in Deutschland stockt, weltweit drohen Milliardenstrafen und Klagen - man könnte meinen, dass es bei VW angesichts der dramatischen Dimensionen des Abgasskandals wichtigere Themen gibt als die Vergütung von Vorständen. Und doch beherrschte genau die in den vergangenen Tagen die Schlagzeilen. Muss der Vorstand in der Krise freiwillig auf vertraglich zugesicherte Bonuszahlungen verzichten? Das war die Frage, an der sich der Streit entzündete - denn einige Vorstände neigten offenbar zu der Einschätzung, dass ihnen sehr wohl eine erfolgsabhängige Vergütung zusteht.

Immerhin: Nun scheint man einer Lösung näher gekommen zu sein. Der Aufsichtsrat sei sich mit dem Vorstand einig darüber, dass "angesichts der aktuellen Lage des Unternehmens ein Zeichen auch beim Thema Vorstandsvergütung gesetzt werden muss", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gestern im Landtag in Hannover - und dieser Satz wurde später auch von der VW-Pressestelle verbreitet.

Wie dieses Zeichen am Ende aussieht, darüber gibt es allerdings wohl unterschiedliche Auffassungen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete über mindestens 30 Prozent, auf die der Vorstand verzichten wolle. Die "Süddeutsche" schreibt sogar, die Manager wollen auf die Hälfte verzichten. Weil, der für das mit 20 Prozent an VW beteiligte Land im VW-Aufsichtsrat sitzt, soll hingegen angeblich sogar auf einen kompletten Verzicht drängen. Die Richtung ist klar, das Ergebnis dürfte in den kommenden Tagen folgen. "Derzeit werden verschiedene Modelle diskutiert und abgestimmt, die für alle Beteiligten eine angemessene und faire Lösung darstellen", heißt es bei VW. Diese würde auf eigenen Wunsch auch nachträglich für Hans Dieter Pötsch gelten. Der ehemalige Finanzvorstand hatte bei seinem Wechsel an die Aufsichtsratsspitze einen zweistelligen Millionenbetrag erhalten, um die Differenz zwischen Vorstandsgehalt und der niedrigeren Vergütung im Aufsichtsrat auszugleichen. Darin waren auch Boni enthalten.

In Berlin erhöht die Opposition unterdessen den Druck auf Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Sie fordert die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Dies sei "der einzige Weg, endlich die Kumpanei zwischen Bundesregierung und Autoindustrie aufzudecken", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Die Opposition wirft Dobrindt schon seit Wochen mangelnde Aufklärung vor.

Nach Bekanntwerden des Skandals hatte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) umfangreiche Nachprüfungen bei rund 60 Modellen anderer Hersteller durchgeführt. Ein Ergebnis wurde bis heute, mehr als ein halbes Jahr nach Bekanntwerden des Skandals, noch nicht veröffentlicht. Auch die Kommission, die Dobrindt zum VW-Skandal einsetzen ließ, hat bislang nicht durch die Veröffentlichung von Ergebnissen auf sich aufmerksam gemacht.

Verbraucherschützer und Opposition kritisieren, dass Dobrindt mehr auf die Interessen der Automobil-Industrie achte, als die Kunden und Verbraucher zu schützen. "Minister Dobrindt hätte längst mehr Transparenz in die Aufklärung bringen können", sagt etwa Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Auch Grünen-Politiker Krischer würde sich mehr Einsatz von Dobrindt wünschen. "Bis heute kann der Verkehrsminister nicht beantworten, weshalb er seit Jahren überhöhte Abgaswerte toleriert und nichts dagegen unternommen hat."

(frin)
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