Energiewende paradox Warum Deutschland so viel Strom exportiert

Wiesbaden · Für die Verbraucher bedeutet die Energiewende derzeit vor allem eines: steigende Strompreise. Dabei wird in der Bundesrepublik genug Strom produziert. Sogar so viel, dass Deutschland immer mehr Strom exportieren muss. Für diese Entwicklung gibt es zahlreiche Gründe. Und sie belegen, dass es bei der Energiewende noch viele Baustellen gibt.

Diese Arten der Stromerzeugung gibt es
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2012 war ein gutes Jahr für die Produktion von deutschem Strom. Es wurde mehr produziert und auch massiv exportiert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 43,8 Terrawattstunden nach Deutschland eingeführt, 66,6 Terrawattstunden aber ausgeführt. Es gab also einen Überschuss von 22,8 Terrawattstunden.

Und davon hat Deutschland auch profitiert. Mit der Handelsware Strom wurde im vergangenen Jahr hierzulande ein Überschuss von 1,4 Milliarden Euro erzielt. Das dürfte manchem Verbraucher sauer aufstoßen, denn im Zuge der Energiewende muss er drauf zahlen.

Normalerweise bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Gibt es zu viel von einem Produkt, dann muss der Verbraucher dafür weniger zahlen. Beim Strom allerdings relativiert sich dieses Marktprinzip wieder. Denn einerseits wird in Deutschland trotz Abschaltung von acht Atomkraftwerken mehr Strom produziert, anderseits muss der Verbraucher im Zuge der Energiewende aber mit höheren Kosten dafür rechnen.

Die EEG-Umlage treibt die Preise hoch

Das Problem liegt bei der EEG-Umlage. Die Einkaufspreise an der Strombörse sinken seit Monaten. Wie taz.de schreibt, sind sie laut Bundesverband Erneuerbare Energie inzwischen auf dem tiefsten Stand seit fünf Jahren — sie liegen bei gerade einmal 16 Prozent des Strompreises für Privatkunden.

Normalerweise müssten die Betreiber von Wind- und Solaranlagen also auch weniger Geld bekommen, wenn sie zu viel produzieren, doch ihnen werden auf 20 Jahre garantierte feste Einspeisevergütungen bezahlt. Entsprechend muss dieser Strom stärker subventioniert werden — und diese Subvention zahlt der Verbraucher über die EEG-Umlage.

Genau deshalb hatte sich Umweltminister Peter Altmaier auch für die Strompreisbremse eingesetzt. Eine Einigung mit den Ländern aber scheiterte. Und so wirft der Minister in der "Welt" den Ländern auch Egoismus vor. Sie würden sich nicht für das Gesamtkonzept, sondern eher für die "Anliegen ihrer eigenen Unternehmen interessieren".

Was in der Debatte um die Strompreisbremse aber eher unterging, ist ein Durchbruch in Bezug auf die Stromtrassen. Denn die Länder hatten sich einverstanden erklärt, dass sie Planungsrechte bei großen Stromtrassen auf die Bundesnetzagentur übertragen. Dadurch können diese schneller gebaut werden. Und das dürfte nicht nur das Projekt Energiewende voranbringen, sondern auch das Problem von negativen Preisen beim Stromexport ein wenig lindern.

Das Problem des Transportes und der Speicherung

Denn dass Deutschland so viel Strom exportiert, hat seine Gründe auch in der Überproduktion von Wind- und Solarenergie. Gerade ersteres wird vor allem in ostdeutschen Flächenländern wie Mecklenburg-Vorpommern produziert. Gebraucht wird der Strom allerdings eher in den Ballungsgebieten wie im Westen Deutschlands.

An windreichen Tagen reichen allerdings die Stromtrassen derzeit nicht aus, um den gesamten produzierten Strom auch weiterleiten zu können. Bei der Speicherung von Strom fehlt allerdings auch noch der Durchbruch. Und so ist Deutschland gezwungen, seinen Strom zu exportieren, damit das Stromnetz hierzulande nicht zusammenbricht und es zu Stromausfällen kommt.

Und so kommt es zwischenzeitlich zu dem Paradoxon, dass die Anbieter hierzulande für ihren Strom, den sie exportieren, auch noch draufzahlen müssen, weil sie ihn unbedingt los werden müssen, er anderweitig aber nicht dringend gebraucht wird — es kommt also zu negativen Strompreisen.

Neben den steigenden Preisen durch die EEG-Umlage ist der Transport und die Speicherung von Strom also eines der Hauptprobleme der Energiewende, die noch immer nicht gelöst sind. Und so lange dies nicht der Fall ist, wird Deutschland wohl auch den nächsten Jahren massiv Strom exportieren müssen.

(das)
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