Düsseldorf Warum Facebook WhatsApp schluckt

Düsseldorf · 14 Milliarden Euro gibt das soziale Netzwerk für ein Unternehmen mit gerade 55 Mitarbeitern aus. Aber WhatsApp kann Facebook helfen, mehr junge Menschen an sich zu binden. Auf Dauer könnten beide Angebote zusammengehen.

Zehn WhatsApp-Alternativen
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Foto: dpa, abu htf

In der Internetwelt gibt es zwei Grundweisheiten: Sei paranoid — auch der kleinste Wettbewerber könnte Dich einmal abdrängen. Und "The Winner takes it all" — der Marktführer wird auf Dauer das ganze Geschäft an sich ziehen.

Nach dieser Logik schluckt nun das weltweit größte soziale Netzwerk Facebook den Konkurrenten WhatsApp. Satte 19 Milliarden Dollar legt Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf den Tisch, umgerechnet 14 Milliarden Euro. Vier Milliarden Dollar zahlt Facebook in bar, für knapp 15 Milliarden Dollar gibt es Aktien als Tauschware. Damit gehört den Inhabern von WhatsApp künftig rund ein Zehntel an Facebook — läuft das gemeinsame Unternehmen optimal, geht es allen Aktionären gut, bleibt der Gewinn von Facebook dagegen bei den aktuell nicht gerade berauschenden 1,5 Milliarden Dollar im Jahr, wird das Joint-Venture an Wert verlieren.

Dabei ist der Kauf vorrangig eine Abwehrreaktion. In nur fünf Jahren hat WhatsApp 450 Millionen Nutzer an sich gezogen — "so etwas hat zuvor noch niemand anderes in der Weltgeschichte geschafft", sagt Zuckerberg. Seinen Aktionären signalisiert er damit, neues Wachstum für Facebook einzukaufen.

Tatsächlich schluckt er aber mit WhatsApp auch ein konkurrierendes Geschäftsmodell: Während Facebook auf jede Nutzergebühr verzichtet, aber die Nutzer zunehmend mit Werbung passend zu ihrem Profil "versorgt", kassiert WhatsApp eine kleine Nutzergebühr von 0,89 Cent ab dem zweiten Jahr (bei Android-Handys). Und während Facebook die Interessen der Nutzer akribisch auskundschaftet, hat Whats-App-Gründer Jan Koum solche Praktiken scharf abgelehnt: "Wir interessieren uns nicht für Informationen über unsere Nutzer", beteuerte er noch unlängst. So fragt WhatsApp nicht einmal das Geburtsdatum der Nutzer ab.

Die Frage ist nun, wie Facebook den Zukauf integriert. Werbung? Die werde es weiter nicht geben, erklärt Koum selbstbewusst — tatsächlich wird ihn Zuckerberg nach einer Übergangszeit jederzeit absetzen können. Nutzerdaten tauschen mit Facebook? WhatsApp bleibe eigenständig, erklärt Koum ebenfalls. Und auch Zuckerberg beeilte sich, zu versichern: "Wir werden keinen großen Druck ausüben." WhatsApp solle zunächst einmal weiter wachsen. Danach könne man übers Geldverdienen nachdenken.

Damit ist klar, dass WhatsApp und Facebook gemeinsam das Ziel haben, erst einmal weiteren Zulauf zu generieren. Facebook liegt bei 1,2 Milliarden Nutzern — doch mit Werbung versucht man die Zahl der angemeldeten Menschen weiter zu erhöhen. Die Logik: Wer erst einmal hunderte von Kontakten seit Jahren über Facebook pflegt und Tausende von Fotos abgelegt hat, wird das Netzwerk nie mehr verlassen.

Ähnlich soll WhatsApp expandieren. Bald hofft das Management auf eine Verdoppelung der Nutzerzahl auf eine Milliarde Menschen. Sie tauschen Kurznachrichten, Sprachaufnahmen oder auch Videos aus.

Nichts spricht dagegen, dass beide Unternehmen auf Dauer miteinander verschmelzen — und zwar auch beim Geschäftsmodell. Einige kleine Werbebanner würden den Erfolg von WhatsApp doch nicht stoppen.

Und Facebook kann auch einiges vom Zukauf lernen: Wenn Kunden von WhatsApp schon knapp einen Euro pro Jahr für das Versenden von Nachrichten zahlen, könnte Facebook doch auch manche Funktionen nur für Geld freischalten. Was könnte dazugehören? Beispielsweise ein besonders guter News-Austausch mit Freunden bei WhatsApp.

(RP)
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