Ölpreise Warum Tanken immer billiger wird

Düsseldorf · Der Kraftstoffpreis in Deutschland fällt seit acht Wochen kontinuierlich, obwohl internationale Krisen die Welt in Atem halten. Grund sind die Erwartungen der Spekulanten und der kleiner werdende Einfluss der Opec-Staaten.

Ölpreise: Warum Tanken immer billiger wird
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Autofahren wird in Deutschland seit zwei Monaten immer günstiger. Der durchschnittliche Kraftstoffpreis fällt seit mittlerweile acht Wochen kontinuierlich. Das hat der ADAC in seiner wöchentlichen Preisanalyse festgestellt. Demnach lag der durchschnittliche Preis für einen Liter Superbenzin (E10) am Dienstag bei 1,512 Euro. Das sind sechs Cent weniger als Ende Juni. Der Preis für einen Liter Diesel fiel im selben Zeitraum um drei Cent auf 1,363 Euro. "So ein kontinuierlicher Rückgang ist ungewöhnlich", sagt Jürgen Albrecht, Experte für Verkehrspolitik beim ADAC. "Der Preis für Rohöl nähert sich der 100-Dollar-Grenze, und das kommt beim Verbraucher an", so Albrecht.

Dass der Griff zur Zapfpistole im Moment immer günstiger wird, lässt sich tatsächlich genau auf den Preis für Rohöl zurückführen. Seit Juni rauscht der Preis für die Nordseesorte Brent, die für die Kraftstoff-Produktion benötigt wird, in den Keller. Am 18. Juni lag der Preis für ein Barrel (159 Liter) bei mehr als 115 Dollar. Gestern hielt sich der Kurs zeitweise nur mit Mühe noch bei über 101 Dollar.

Erstaunlich krisenfest

Das Erstaunliche daran ist, wie krisenfest sich der Rohstoff im Moment am Markt zeigt. Über viele Jahre wirkte der Ölpreis wie ein Seismograph, der internationale Spannungen sorgsam empfindlich aufnahm. Die Sicherheitslage diktierte die Preisentwicklung. Heute ist das ganz anders: Der Abschuss des Passagierflugzeugs in der Ukraine, der Terror der Miliz IS im Irak und der Konflikt in Gaza zwischen Israel und der Hamas zeigen sich nicht einmal im Ansatz in der Preiskurve für Rohöl. "Es überrascht sehr viele, dass der Ölpreis sinkt, obwohl die Welt deutlich unsicherer geworden ist", sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Analyst der Commerzbank. Er begründet den fallenden Ölpreis vor allem mit eingetrübten Wachstumsaussichten in Ländern wie China und Russland und einer damit sinkenden Nachfrage einerseits sowie mit dem Verhalten der Spekulanten andererseits. "Immer weniger Spekulanten gehen von steigenden Preisen aus", sagt Weinberg. "Es gibt im Markt weniger Sorge vor Angebotsausfällen, sondern mehr Sorge vor Nachfrage-Schwäche. Das drückt den Preis."

Ist der Ölpreis also plötzlich krisensicher geworden? Und wird der Sprit an der Tankstelle weiter billiger? Weinberg mahnt zur Vorsicht: "Ich würde mich nicht wundern, wenn es bald Veränderungen auf der Angebotsseite gibt. Fällt der Preis unter 100 Dollar je Barrel, dürfte die Opec die Fördermenge drosseln." Diese Grenze gilt in vielen Öl-produzierenden Ländern als rote Linie. Eine Verknappung, so das Kalkül, könnte den Preis dann stabilisieren.

Freie Kapazitäten durch Fracking

Doch der Effekt dürfte sich längst nicht mehr so stark bemerkbar machen wie noch vor einigen Jahren. Denn in Nordamerika sind durch die Fracking-Technologie immense Kapazitäten freigeworden. Vor allem in den USA sprudelt Öl wie lange nicht. Die USA produzieren derzeit 8,7 Millionen Barrel Öl am Tag, so viel wie zuletzt 1987. Allein seit 2008 ist die geförderte Menge um drei Millionen Barrel am Tag gestiegen. 2015 soll die Menge schon bei 9,3 Millionen Barrel liegen. Auch Kanada dürfte bei den riesigen Ölvorkommen im Land die geförderte Menge erheblich steigern. Die Folge: Der Preisdruck, den ein Opec-Staat ausüben kann, ist nicht mehr so groß.

Und selbst bei steigenden Preisen haben Autofahrer noch Chancen, günstig davonzukommen. Wenn sie nämlich zur richtigen Uhrzeit an die Zapfsäule fahren. Wie der ADAC ermittelt hat, ist nicht mehr der Wochentag - wie noch vor drei Jahren - entscheidend für den Spritpreis, sondern die Tageszeit. Die Differenz zwischen dem teuersten und dem günstigsten Zeitpunkt beträgt mittlerweile gut neun Cent je Liter. ADAC-Experte Jürgen Albrecht rät: "Am günstigsten ist das Tanken zwischen 18 und 20 Uhr. Danach schließen viele Tankstellen, und die anderen erhöhen die Preise."

(RP)
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