Insolvente Fluggesellschaft Was Gläubiger von Air Berlin erhalten

Düsseldorf/Berlin · Stark betroffen von der beantragten Insolvenz von Air Berlin sind Anleihekäufer. Mit hohen Zinsversprechen hatte das Unternehmen rund 700 Millionen Euro eingesammelt - der Kurs ist rund 90 Prozent abgestürzt. Was Anleger tun sollten.

Flugzeuge von Air Berlin (Symbolbild).

Flugzeuge von Air Berlin (Symbolbild).

Foto: rtr, PK/

Wer sind die größten Opfer der Insolvenz von Air Berlin? Sicherlich als Erstes viele der 8200 Mitarbeiter, von denen Hunderte oder Tausende beim Zerlegen der Firma nun ihre Jobs verlieren werden. Relativ wenig stürzte dagegen am Tag der Insolvenzanmeldung am 15. August der Aktienkurs ab: Er rutschte von 80 Cent auf rund 40 Cent ab. "Jeder wusste, dass es Air Berlin sehr schlecht geht", erklärt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), "also waren die Aktien als haftendes Eigenkapital sowieso schon sehr lange extrem von einst über zehn Euro auf nur noch einen Bruchteil davon abgerutscht."

Doch einen regelrechten Schock mussten die vielen zehntausend Inhaber von Anleihen am Tag des Insolvenzantrags erleben: Sie hatten die Papiere gekauft, weil acht Prozent Zinsen und mehr versprochen wurde, jetzt gibt es keine Zinsen, und der Kurs ist abgestürzt: Die Notierung der bis April 2018 laufenden Anleihe in Höhe von ursprünglich 100 Euro rutschte beispielsweise in Stunden von rund 90 Euro auf nur noch neun Euro ab — das entspricht einem Kursverlust von knapp 90 Prozent. "Die Anleihegläubiger waren die Dummen des Insolvenzantrages", sagt dazu Kurz, "denn sie hatten darauf gebaut, dass Air Berlins Hauptaktionär Etihad seine Zusage einhält, das Unternehmen noch länger zu finanzieren."

Anleger müssen nun entscheiden, ob sie ihre Papiere zum jetzigen Kurs verkaufen oder ob sie auf eine Erholung setzen. Dabei erklärt die DSW ausdrücklich, keine Empfehlung geben zu wollen — doch es spricht viel für einen Verkauf der Papiere zum jetzigen Kurs.

Denn die Anleiheschulden in Höhe von rund 700 Millionen Euro werden erstens bei den künftigen Gesamtschulden von mehr als 1,4 Milliarde Euro nicht vorrangig bedient. Zuerst einmal hofft der für die Insolvenz zuständige Generalbevollmächtigte Frank Kebekus, den beantragten Überbrückungskredit der Bundes in Höhe von 150 Millionen Euro zurückzuzahlen. "Dieser Kredit wird gesondert besichert", sagt der Unternehmensberater Ralf Moldenhauer von der Boston Consulting Group (BCG), "weil Air Berlin ohne ihn den Betrieb einstellen müsste und dann fast wertlos wäre."

Zweitens ist davon auszugehen, dass sich Banken bevorzugten Zugriff auf Vermögenswerte von Air Berlin gesichert haben - dies könnte zu einer Benachteiligung der Anleihegläubiger führen, warnt die DSW.

Drittens ist sowieso nicht sehr viel zu holen: Air Berlin gehört kein einziger der 140 betriebenen Jets selbst, von größerem Immobilienbesitz ist nichts bekannt, und der Flugbetrieb macht täglich zwei Millionen Euro Verlust. "Die entscheidende Frage wird sein, welche Summe beim Verkauf der Betriebsteile zusammenkommt und ob dies nach Abzug vieler Kosten deutlich mehr sein wird als die 150 Millionen Euro Überbrückungskredit", sagt der Insolvenzverwalter Jörn Weitzmann.

Damit Anleiheinhaber nicht leer ausgehen, rät er dazu, sich für die Insolvenztabelle anzumelden.

Wer nun seine Papiere behält, muss hoffen, dass die Anleihen zu mehr als neun Prozent des Nominalwertes erstattet werden, damit der Kurs steigt. Grob gerechnet müssen also inklusive des Überbrückungskredites deutlich mehr als 260 Millionen Euro in die Kasse fließen, damit sich "Halten" lohnt.

Am Mittwoch kündigte der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl erneut ein Angebot für Air Berlin als Ganzes an. Er sagte, es werde "ziemlich hoch sein", man werde "sehr überrascht sein". Er ergänzte aber auch, einen Teil des Preises werde er erst in den Folgejahren bezahlen. Was bedeutet dies? Teile der Forderungen an Air Berlin würden erst in einigen Jahren erstattet — für Anleiheinhaber keine tolle Perspektive.

(rky)
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