San Francisco Weltweit wächst die Wut auf den deutschen Konzern

San Francisco · Chris Weldon ist wütend. Sein Jetta Sportwagen TDI ist vom Abgas-Skandal betroffen. Dem Jetta wurde eine Software eingebaut, die die Messung des Schadstoffausstoßes bei Abgastests manipuliert. Dabei ist die Wut beileibe nicht auf die USA beschränkt: So global wie das Geschäft mit den Autos, so global ist auch der Ärger über Volkswagen.

"Ich fühle mich abgezockt und für dumm verkauft, wie alle anderen auch", sagt der 44-Jährige aus San Francisco. "Wenn ich fahre, habe ich das Gefühl, die Gegend zu verpesten." Mit Weldons Wagen sind in den USA 482.000 Autos der Marken VW und Audi betroffen. Die vermeintlich sauberen Diesel stoßen das bis zu Vierzigfache des erlaubten Stickstoffoxids aus.

Auch in Brasilien ist der Skandal Tagesgespräch. Kein Wunder, gilt Volkswagen do Brasil, 1953 gegründet, doch als Vorzeigeobjekt für deutsche Ingenieurskunst. Ein Werbeslogan lautete: "Auf uns ist Verlass. Ganz sicher." VW beschäftigt in dem Schwellenland 20.000 Menschen. Wegen der Wirtschaftskrise war der Absatz bis August ohnehin schon um 30 Prozent auf 246.000 Fahrzeuge eingebrochen. Doch die meisten VW-Fahrer sind entspannt. Brasilien ist kein Diesel-Land. Was am Ende für das Image schwerer schwerer wiegt, ist eine Sammelanzeige: VW soll mit Brasiliens Militärdiktatur (1964 bis 1985) kollaboriert und schwarze Listen über Mitarbeiter geführt haben.

Zumindest am wichtigsten Absatzmarkt China geht der Abgas-Skandal bislang weitgehend vorbei. Weil es auf chinesischen Straßen praktisch keine Dieselfahrzeuge gibt und VW die betroffenen Motoren nicht anbietet, droht dem Konzern im bevölkerungsreichsten Land der Welt vorerst auch keine Untersuchung. Staatsmedien berichten zwar über das Thema, halten sich aber mit hämischen Kommentaren zurück.

In Italien gibt es dagegen mächtig Wirbel. Man schätzt, dass von den elf Millionen Fahrzeugen, die weltweit mit Schummel-Software ausgestattet sind, eine Million in Italien zugelassen sind. Verkehrsminister Graziano Delrio hat Stichproben-Untersuchungen angekündigt, bei denen insgesamt 1000 Fahrzeuge unter die Lupe genommen werden sollen. Die Regierung in Rom fürchtet gar um die Konjunktur, weil der zarte Aufschwung nach Jahren der Rezession wohl als noch sehr empfindlich betrachtet wird. Die Zeitung "La Stampa" berichtete außerdem von Autohäusern in Turin, wo von Montag bis Mittwoch zunächst einmal gähnende Lehre herrschte, kein Mensch wollte mehr einen Volkswagen kaufen.

Für den US-Bürger Weldon ist die Sache klar: "Ich will keinen VW mehr fahren", sagt er. "Es ist eine Sache des Vertrauens."

(dpa)
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