München/Bonn Werden Fernbusreisen jetzt teurer?

München/Bonn · Flixbus, Marktführer bei Busreiseanbietern, schluckt die Fernbus-Sparte der Deutschen Post. Der zweitgrößte Rivale verschwindet vom Markt. Wie sehr das den Wettbewerb beeinträchtigt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

München/Bonn: Werden Fernbusreisen jetzt teurer?
Foto: Ferl

Die gestern offiziell verkündete Übernahme von Postbus durch Flixbus verstärkt die Marktmacht des größten deutschen Anbieters. Flixbus kommt künftig auf einen Marktanteil von fast 80 Prozent. Bei einer solchen Konzentration werden Wettbewerbshüter hellhörig. Doch bei dieser Fusion kann sich das Bundeskartellamt nicht einmischen. Der Grund: Die Meldeschwelle liegt bei einem gemeinsamen weltweiten Umsatz von 500 Millionen Euro, zudem muss eines der Unternehmen mindestens 25 Millionen, das andere fünf Millionen Euro in Deutschland umsetzen.

Dass Flixbus und Postbus diese Werte unterbieten, liegt daran, dass sie nur Geld für die Buchungen nehmen. Der Großteil der Ticketerlöse geht an die externen Busunternehmen, von denen Flixbus allein 250 beauftragt. Das Kartellamt teilte nur mit, dass die Fusion nicht durch die Behörde freigegeben worden sei.

Steigen jetzt die Preise? "Die Kunden werden weiter von einem starken Wettbewerb profitieren", sagt Christoph Gipp, Geschäftsführer des auf Infrastruktur spezialisierten Marktforschungsinstituts Iges. Der wahre Preiskampf bestehe nicht zwischen den Busanbietern, sondern zwischen den verschiedenen Beförderungswegen. Auch nach der Fusion von Flixbus (68 Prozent Marktanteil) und Postbus (zehn Prozent) habe der Marktführer noch starke Konkurrenz durch Bahn, Mitfahr-Portale und das private Auto: "Es wird keine riesigen Preissteigerungen geben, das Niveau muss schließlich unter dem der Bahn bleiben." Dagegen hält der Fahrgastverband Pro Bahn Preiserhöhungen für unumgänglichh. "Längerfristig werden sich die Preise erhöhen, zumal im Fernbusgeschäft kein Geld verdient wird", sagt Sprecher Karl-Peter Naumann. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt rechnet langfristig mit steigenden Fahrpreisen für Fernbusse: "Ob es jetzt zu einer Preisanpassung kommt, kann man noch nicht vorhersagen. Aber langfristig scheint das Ziel solcher Fusionen zu sein, durch Konsolidierung eine Preisanpassung zu erwirken."

Am Montag hatten die Flixbus GmbH und die Deutsche Post Mobility GmbH den Deal beschlossen. Einen Kaufpreis wollten beide Unternehmen nicht nennen. Als Verkaufsgrund gibt Mobility-Chef Joachim Wessels an, dass sich die "Erwartungen an die Wirtschaftlichkeit dieser Dienstleistung" nicht erfüllt hätten. Erst 2013 waren Post und ADAC mit ihrem "ADAC-Postbus" an den Start gegangen. Ein Jahr später war der Autoclub ausgestiegen. Nun werden etwa 100 Postbusse, zumeist von mittelständischen Unternehmen gestellt, in die grüne Flotte von Flixbus überführt.

Bis 31. Oktober soll sich Mitteilungen beider Unternehmen zufolge für die Kunden nichts ändern. Bestehende Buchungen bis zu diesem Zeitpunkt sind nicht betroffen, Postbus-Kunden können weiterhin die gewohnten Buchungswege nutzen. Erst ab November werden die Linien der beiden Unternehmen zusammengeführt und Onlinekunden automatisch vom Postbus-Buchungssystem an das von Flixbus weitergeleitet. Nicht betroffen von der Fusion sind die Zubringerlinien zum Münchner Flughafen, die die Post mit der Lufthansa betreibt. Bis Ende des Jahres sollen alle Flixbus-Angebote in rund 5000 Partnerfilialen der Post erhältlich sein.

Seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes, die für stärkeren Druck auf die Deutsche Bahn sorgen sollte, hat sich die Zahl der Busfahrgäste mehr als verdoppelt. 2013 gab es laut Iges-Studien rund 8,2 Millionen Busreisende, im vergangenes Jahr waren es schon etwa 20 Millionen. 2012 (vor der Liberalisierung) nahmen nur zwei Millionen den Fernbus.

Die Linienzahl dagegen sinkt seit 2015 leicht. Das interpretiert Iges-Chef Gipp indes als Konsolidierung des Marktes. Durch die Zusammenlegung werde sich die Anzahl der Linien "auf einem etwas niedrigeren Niveau stabilisieren".

(bur)
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