London Werner Hoyer will Griechenland Hoffnung finanzieren

Luxwemburg · Der 61-jährige Liberale führt seit einem Jahr die Europäische Investitionsbank und ist damit Chef des neuen Marschallplans für Europa.

Vor einem Jahr wurde Werner Hoyer Chef der Europäischen Investitionsbank (EIB), der Hausbank der Europäischen Union. "Kaum einer kannte die EIB", erinnert sich der 61-jährige Kölner heute. Dabei ist sie der größte supranationale Kreditgeber und größer als die Weltbank. Doch mittlerweile ist die EIB ins Rampenlicht der Euro-Rettung gerückt. Kaum war Hoyer im Amt, verdoppelten die EU-Staaten das eingezahlte Kapital auf gut 20 Milliarden Euro.

Mit der Wahl des Sozialisten Francois Hollande zum Präsidenten in Frankreich wuchs der Einfluss der EIB weiter. Von nun an wurde auf EU-Gipfeln nicht nur über das Sparen, sondern auch über kreditfinanzierte Wachstumprogramme geredet — und die soll die EIB finanzieren. Im Juni beschlossen die Regierungschefs einen entsprechenden Pakt. Vom "hässlichen Entlein" mutierte die EIB so zur Hoffnungsträgerin der Politik. Mit der Kapitalerhöhung will die EIB nun 180 bis 200 Milliarden Euro Gesamtinvestitionen anstoßen. "Die EIB ist nicht das Allheilmittel gegen die Krise. Aber wir können zur Problemlösung beitragen", sagt Hoyer.

Die Bank beschäftigt 2000 Mitarbeiter, ihre Bilanzsumme beläuft sich auf 500 Milliarden Euro. Die EIB soll die Wirtschaftspolitik in Europa durch die Vergabe von günstigen Krediten unterstützen. Dabei darf die EIB nur Projekte fördern, wenn diese wirtschaftlich sind und mindestens ein privater Investor mit im Boot ist.

Vier Mal war Hoyer in den vergangenen Monaten in Griechenland. "Wir sind momentan die einzigen, die im großen Umfang Geld für die Realwirtschaft in Griechenland bereitstellen." Gut eine Milliarde Euro vergab die EIB dort 2012, vor allem an mittlere Unternehmen. Aber auch das brachliegende Autobahnprojekt von Patras nach Thessaloniki kam mit EIB-Krediten wieder in Schwung. Allerdings warnt Hoyer vor zu hohen Erwartungen. Die Schwächen in Staat und Wirtschaft seien noch lange nicht überwunden. Griechenland brauche Wachstum und Reformen, um auf die Beine zu kommen.

Das Problem: "In weiten Teilen Europas ist es für einen Mittelständler heute fast unmöglich, noch an einen Kleinkredit heranzukommen", sagt Hoyer. Deshalb finanziert die EIB nicht mehr nur große Infrastrukturprojekte oder grenzübergreifende Stromnetze. Sie springt auch ein, wenn ein Unternehmen keinen Kredit seiner Hausbank erhält, um etwa ein defektes Transportfahrzeug zu ersetzen.

"2013 wird das Schlüsseljahr im Kampf gegen die Krise. Es muss gelingen, das Klima der Hoffnungslosigkeit bei den Menschen in den Programmländern zu überwinden", meint der FDP-Politiker. Wenn Griechen, Spanier, Iren oder Portugiesen wieder eine Perspektive sähen, dann seien sie auch bereit, noch eine gewisse Zeit Opfer zu bringen. Dieses Licht am Ende des Tunnels will die EIB schaffen helfen.

Allerdings sorgt sich Hoyer, der in der Ära von Helmut Kohl Europa-Staatssekretär war, dass der Reform-Elan wegen des abnehmenden Drucks zu sehr nachlässt. "Vielen Spitzenpolitikern in Europa fehlt der Mut, die Europäische Union politisch voranzubringen", mahnt er. Beim jüngsten Gipfel verschoben die Regierungschefs wichtige Grundsatz-Reformen. Sehr zum Ärger von Hoyer: "Auf dem Weg zu einer politischen Union ist mehr Ehrgeiz dringend nötig."

Nach einem Jahr an der Spitze der EIB sieht sich der Rheinländer, der Kölsch, Basketball und Western liebt, immer noch in der Lernphase: "Angesichts der hohen Erwartungen wird einem schon manchmal schwindelig", gibt Hoyer zu.

(RP)
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