Berlin Wetter-Alarm: Jahreszeiten verschieben sich

Berlin · Klimaexperten raten den Deutschen, sich auf vermehrte Extremwettersituationen gefasst zu machen.

Überschwemmungen, Orkanzerstörungen, Schneekatastrophen werden die Deutschen nicht mehr nur auf dem Fernsehschirm aus fernen Ländern erleben. Auch in ihrer Heimat drohen immer mehr Klimaextreme. Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Wetterdienst (DWD) bei der Auswertung der zurückliegenden Sturm-, Kälte-, Hitze- und Regenperioden. Zwar sei nicht restlos erwiesen, dass es sich um einen von Menschen verursachten langfristigen Trend handele, doch sei es sinnvoll, sich darauf vorzubereiten, erklärte DWD-Klimaexperte Thomas Deutschländer.

Von einer "Tendenz zur Vernässung" sprach DWD-Vizepräsident Paul Becker insbesondere bei den nördlichen Bundesländern. Die Landwirte seien gut beraten, sich "robuste" Sorten zuzulegen. Damit könnten sie auch besser auf eine "Jahreszeitenverschiebung" reagieren. Auf viel zu heiße Tage im März folgten neue Frostperioden im April und verursachten große Schäden. Gegen Hitzebelastung in den Innenstädten sollten Planer "Frischluftschneisen" vorsehen und auf Grünbedachung setzen.

Wie extrem die Verhältnisse auch 2017 waren, beleuchtete Becker anhand der Regenmenge, die an einem einzigen Junitag in Berlin niederging: Das sei das Doppelte dessen gewesen, was gewöhnlich in einem ganzen Sommer an Regen gemessen wird - weit über die Grenze eines "Jahrhundertregens". Die Erwärmung halte weiter an. In den vergangenen knapp 140 Jahren stieg die Durchschnittstemperatur um 1,4 Grad.

Erstmals konnte im vergangenen Jahr in Europa mehr Strom aus erneuerbaren Energien als aus Kohle gewonnen werden. Angesichts der noch ehrgeizigeren Ziele in Deutschland, bis 2030 den Anteil auf 65 Prozent hochzutreiben, lässt eine detaillierte Untersuchung des DWD zu den Risiken durch Windflauten aufhorchen.

Danach verzeichnen die Experten pro Jahr im Schnitt 23 Phasen, in denen die Wetterverhältnisse so ungünstig sind, dass die Windkraftanlagen über 48 Stunden hinweg auf unter zehn Prozent ihrer Leistungen abfallen. Wenn man jedoch einen Verbund zwischen auf dem Land und auf dem Meer produziertem Windstrom herstelle, reduziere sich dieses Risiko auf 13 Phasen jährlich. Packe man in diesen Verbund auch den Solarstrom hinein, lande man bei nur noch zwei Phasen, für die Stromreserven vorgehalten werden müssten. Die Lösung sieht der DWD in einem europäischen Verbund der regenerativen Energien. Weil die Windverhältnisse in einem derart großen Rahmen sehr unterschiedlich seien, reduzierten sich die Flaute-Risiken auf 0,2 Fälle pro Jahr.

(may-)
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