Düsseldorf Wie der Minister um Kunstspenden bettelte

Düsseldorf · Große Unternehmen des Landes sollten die Gemäldesammlung der WestLB-Nachfolgerin Portigon teilweise übernehmen. Das sah ein vertraulicher Plan des Landesfinanzministers vor - aber die Wirtschaft winkte ab.

Dass der NRW-Finanzminister ein Kunstfreund ist, wissen nur wenige. Tatsächlich weilt Norbert Walter-Borjans regelmäßig in der Toskana, um da als Bildhauer mit Marmorblöcken zu arbeiten. "Mich fasziniert, aus einem spröden Zeug wie Stein etwas unglaublich Weiches entstehen zu lassen", sagt der Kölner, "man kommt in eine andere Welt."

Im Juni versuchte sich der SPD-Politiker auch in einer anderen Welt. In der scheiterte er aber. In einem unserer Zeitung vorliegendem Bettelbrief versuchte er, bei Teilen der Wirtschaftselite Geld einzusammeln, damit die Kunstwerke der WestLB-Nachfolgerin Portigon dem Land NRW erhalten bleiben können. Portigon musste die Werke laut Auflagen der EU trotz großer Proteste verkaufen. Es könne nun "ein sichtbares Zeichen bürgerschaftlicher Mitverantwortung" sein, so schrieb der Minister, ,"auch privates Kapital" für die Rettung der Kunstwerke "zu mobilisieren". Empfänger des Briefes vom 1. Juni waren unter anderem die Aufsichtsratschefin von Henkel, Simone Bagel-Trah, und die Chefs von Evonik, Miele, der Stadtsparkassse KölnBonn und die RWE-Stiftung.

Allerdings schrieb Walter-Borjans die zehn Führungskräfte nicht jeweils individuell an, sondern sie erhielten einen Sammelbrief, in dem alle angesprochenen Personen gleichzeitig genannt wurden. Walter-Borjans schlug gleich auch einen Termin vor - den 26. Juni um 11.30 Uhr. Da sollten "die Einzelheiten zum weiteren Vorgehen" besprochen werden.

Die Reaktion fiel ernüchtend aus. "Teils aus Zeitgründen, aber auch aus anderen Gründen" könne das Gespräch nicht zustande kommen, schrieb Walter-Borjans schon nach wenigen Tagen erneut an den Empfängerkreis. Der Termin wurde abgesagt. Am 22. Juni zog der Minister dann die Notbremse: Das Land kündigte an, dass die NRW-Stiftung die Portigon-Kunst übernehme und dafür einen Kredit erhalte - der Versicherungswert liegt bei 28 Millionen Euro.

Walter-Borjans erklärt die Schlappe damit, ihm sei von einem Manager signalisiert worden, die Wirtschaft könne und wolle helfen, um den drohenden Ausverkauf der Ex-WestLB-Kunst zu verhindern. Daraufhin habe er um eine Liste der an einer Hilfsaktion interessierten Personen gebeten und diese dann angeschrieben. Als sich die Spendenbereitschaft dann doch als nicht belastbar erwies, habe er das Treffen eben abgesagt - was sonst, meint er achselzuckend.

Bei dem hilfreichen Manager handelte es sich womöglich um den Chef der National-Bank, Thomas Lange. Der hatte versucht, in Kooperation mit der Landesregierung private Spender für die Portigon-Kunst zu finden, wie unsere Zeitung schon im Februar berichtete.

Aus Firmenkreisen ist nun zu hören, man habe sich durch den Brief von Norbert Walter-Borjans unter Druck gesetzt gefühlt: Immerhin waren allen Empfängern die anderen Empfänger bekannt, in Kopie ging das Schreiben auch an weitere Adressaten. Es gab Seltsamkeiten, wie dass der Chef der Stadtsparkasse KölnBonn zweimal im Verteiler stand - einmal als Adressat, einmal "nachrichtlich". Und teilweise zeige die Aktion, dass die Landesregierung zur Wirtschaft nicht den besten Draht habe. Schlauer wäre vielleicht gewesen, wenn Ministerpräsidentin Hannelore Kraft informell zum Hörer gegriffen hätte.

(RP)
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