Berlin/Frankfurt Wie die Börsen ihre Fusion retten wollen

Berlin/Frankfurt · Zur Debatte stehen eine Verlagerung des Firmensitzes in die EU und ein Doppel-Standort für die Holding.

Zwei Wochen nach dem Brexit-Votum nimmt die Diskussion über Anpassungen an den Fusionsplänen von Deutscher Börse und London Stock Exchange (LSE) Fahrt auf. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte davor, die Debatte über die Genehmigung des Zusammenschlusses auf die Frage des Hauptsitzes der Mega-Börse zu verkürzen. "Wichtiger ist, welche Geschäftsfelder in Frankfurt verbleiben und welche in London", sagte Schäuble. Außerdem hätten die Aufsichtsbehörden bereits klargemacht, dass im Fall eines britischen EU-Austritts die Deutsche Börse auch künftig den europäischen Regulierungsvorschriften unterworfen sein müsse.

Nach dem Brexit-Referendum haben die Finanzaufsicht Bafin und deutsche Politiker deutlich gemacht, dass sie die geplante Ansiedlung der fusionierten Börse in London für nicht akzeptabel halten. Deutschlands größter Börsenbetreiber will deshalb mit der LSE über eine Verlagerung des Firmensitzes in die EU beziehungsweise über die Schaffung eines doppelten Firmensitzes für die Holdinggesellschaft sprechen. Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter würde einen doppelten Firmensitz akzeptieren, um die Fusion zu retten, obwohl er einem solchen Konstrukt anfangs kritisch gegenübergestanden habe. Der Konzern äußerte sich nicht.

Kengeter hat in den vergangenen Tagen mehrere Großinvestoren besucht und sie davon überzeugt, ihre Deutsche-Börse-Aktien im Rahmen des Fusionsangebots bis 12. Juli anzudienen. "Das war ein starker Auftritt", sagte ein Top-20-Investor. Der britische Vermögensverwalter Jupiter, der rund 3,7 Prozent an der Deutschen Börse hält, hat wie andere Großaktionäre zuvor Zustimmung signalisiert. Kengeter strebt bei dem Angebot angeblich nicht nur die nötige Mehrheit von 75 Prozent an, sondern er will mindestens 95 Prozent erreichen. Damit könnte er die übrigen Deutsche-Börse-Aktionäre danach im Rahmen eines Squeeze-Out aus dem Unternehmen drängen. Deutsche Börse-Aktien gewannen gestern 0,6 Prozent und zählten damit zu den wenigen Gewinnern im Deutschen Aktien-Index.

Nach der Kritik von Bafin-Präsident Felix Hufeld und anderen deutschen Politikern habe es so ausgesehen, als sei die Fusion der Börsen bereits tot, sagte ein Investor. Doch nun gebe es wieder Hoffnung für den Zusammenschluss, da beide Unternehmen bereit seien, nötige Anpassungen an der Fusion vorzunehmen. Ob die britische Regierung und die hessische Börsenaufsicht der Fusion bei der Einrichtung eines doppelten Holding-Sitzes in London und Frankfurt zustimmen, steht allerdings in den Sternen. Mit der Börsenaufsicht, die im Wirtschaftsministerium in Wiesbaden angesiedelt ist, habe es darüber bisher keine detaillierten Gespräche gegeben, hieß es.

Die hessische Börsenaufsicht kann den rund 25 Milliarden Euro schweren Zusammenschluss verbieten, wenn sie der Ansicht ist, dass dadurch die Weiterentwicklung des Börsenplatzes Frankfurt gefährdet wird. Insidern zufolge wird sich die Behörde vor ihrer Entscheidung auch mit der Bundesregierung austauschen.

Der Erfolg der Deutschen Börse sei wichtig für Deutschland und für den Finanzplatz Frankfurt, sagte Finanzminister Schäuble. Deutsche Börse und LSE hätten viele Argumente vorgetragen, warum sie zusammen eine sehr viel erfolgreichere Rolle im globalen Wettbewerb spielen könnten. Er sei aber der Auffassung, dass am Ende nicht die Politik entscheiden solle. "In erster Linie müssen solche Entscheidungen im Rahmen der geltenden Regeln durch die betroffenen Unternehmen getroffen werden", erklärte der Minister.

(rtr)
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