Düsseldorf Wie man als Baugenosse richtig investiert

Düsseldorf · Baugenossenschaften haben eine lange Tradition. In Zeiten von Minizinsen können sie auch als reine Geldanlage attraktiv sein. Doch man sollte die unternehmerischen Risiken kennen - und eine Nachschusspflicht ausschließen.

Auf Geldanlagen gibt es kaum noch Zinsen, die Mieten hingegen steigen und steigen. In dieser leidigen Situation lohnt es sich, mal einen Blick auf die oftmals wenig bekannten Wohnungsbau-Genossenschaften zu werfen: Sie bieten günstige Wohnungen ohne Kündigungssorgen sowie Renditen von bis zu sechs Prozent bei den Einlagen. Allerdings gibt es auch Risiken, die man kennen muss.

Entstanden sind die ersten deutschen Wohnungsbau-Genossenschaften bereits im 19. Jahrhundert. Ihr Ziel war es, für die Mitglieder gemeinnützig günstigen und verlässlichen Wohnraum zu schaffen. Heute gehören den rund 2000 Bau-Genossenschaften weit über zwei Millionen Wohnungen in Deutschland.

Das Prinzip: Mitglieder erwerben Anteile an einer Genossenschaft und stellen damit ähnlich wie ein Aktionär Eigenkapital zur Verfügung. Am Erfolg des Unternehmens sind die Genossen zweifach beteiligt: Einerseits mit der jährlichen Dividende auf das Genossenschaftsguthaben. Sie beträgt vielfach vier Prozent wie etwa bei der Düsseldorfer "Beamtenwohnungsbaugenossenschaft" (BWB), die auch Nicht-Beamten offensteht; die Dividende geht aber auch schon mal hoch auf bis zu sechs Prozent wie etwa bei der Wohnungsgenossenschaft "Hannoverland" in Hannover. Im Bundesschnitt, so ergab eine Ökötest-Studie 2013, sind es 3,5 Prozent.

Neben der Dividende haben die Genossen andererseits Anspruch auf eine Wohnung nach den jeweiligen Vergabebedingungen. Die "Nutzungsgebühr" dafür ist mitunter spürbar günstiger als eine vergleichbare Miete auf dem freien Markt. Möglich ist das, weil die Baugenossenschaften lediglich kostendeckend arbeiten müssen, zudem fallen die Verwaltungskosten aufgrund der meist großen Zahl von Immobilien im Verhältnis geringer aus. Wurde eine Wohnung zugesprochen, so besteht ein "Dauernutzungsrecht": Ein Rausschmiss wegen Eigenbedarfs ist ausgeschlossen, wodurch die Genossenschaftswohnung praktisch zum Eigenheim light wird.

Für die Wunsch-Wohnung müssen Genossen allerdings Wartezeiten in Kauf nehmen - je nach Lage, Größe und Ausstattung können das mehrere Jahre sein. Faustregel: Je größer, desto länger ist die Wartezeit. Familien werden meist bevorzugt, so dass etwa Paare ohne Kinder meist besonders viel Geduld benötigen. Vielfach ist möglich, zunächst nur einen Anteil (ab 80 Euro) zu erwerben und damit die Wartezeit zu starten. Weitere Anteile sind je nach Wohnungsgröße dann erst bei einem Einzug notwendig.

Die Baugenossenschaft als reine Geldanlage zu nutzen, ist ebenfalls möglich. Es wird niemand gezwungen, in eine Wohnung einzuziehen. "Im Schnitt können Mitglieder bis zu 2000 Anteile zeichnen", so die Ökotest-Studie. Dadurch seien Anlagesummen von 5000 bis 30 000 Euro, vereinzelt sogar von 50 000 Euro möglich. Dem Genossenschafts-Interessenten müssen aber auch die Risiken bewusst sein.

"Es handelt sich um eine unternehmerische Beteiligung", sagt die Düsseldorfer Rechtsanwältin Katia Genkin. "Geht eine Baugenossenschaft pleite, kann man seine gesamte Einlage verlieren - im schlimmsten Fall trifft den Genossen sogar noch eine Nachschusspflicht", warnt Genkin. Nachschusspflicht bedeutet: Das Mitglied haftet möglicherweise für Schulden. Ein Blick in den Geschäftsbericht und die Satzung ist daher sinnvoll - die Nachschusspflicht sollte ausgeschlossen sein.

Dass das Risiko nicht rein theoretisch ist, zeigt der Fall der Ohligser Wohnungsbau eG (Solingen). Sie ging pleite, und rund 1400 Mitglieder wurden im vergangenen Jahr vom Insolvenzgericht dazu verurteilt, je 1200 Euro nachträglich an den Insolvenzverwalter zahlen. Die Nachschusspflicht war nicht wirksam ausgeschlossen worden.

Zudem wichtig zu wissen: Wer seine Mitgliedschaft kündigt, erhält zwar sein Genossenschaftsguthaben zurück - das dauert aber oft zwei Jahre. Per Satzung kann die Rückzahlung sogar bis zu fünf Jahre hinausgezögert werden. Eine leicht verfügbare Geldanlage ist die Beteiligung an einer Genossenschaft also nicht.

(RP)
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