Düsseldorf Willkommen im World Wide Web

Düsseldorf · Vor 25 Jahren ging die erste Internetseite info.cern.ch online. Erfinder Tim Berners-Lee wollte in der Schweizein Netzwerk zum Austausch unter Wissenschaftlern schaffen - doch am Ende kam es ganz anders.

Wer heute im Museum einen Faustkeil bestaunt, ist schnell ernüchtert: Das erste Werkzeug der Welt, ein Meilenstein in der Geschichte der Menschwerdung, ist im Grunde nicht viel mehr als ein spitzer Stein. Die Seite info.cern.ch ist der Faustkeil des Digitalzeitalters. Und doch war die Website, als sie vor 25 Jahren online ging, eine Revolution: Zum ersten Mal gab es damit einen Zugangspunkt zum World Wide Web.

Die Geburtsstunde der Internetseite war am 13. November 1990. Am Europäischen Kernforschungszentrum (Cern) im schweizerischen Genf veröffentlichte Tim Berners-Lee eine Seite mit schwarzen Buchstaben, weißem Hintergrund und einigen blauen Links (siehe Montage): Willkommen im World Wide Web. Inhalt: eine Erklärung, worum es beim "www" überhaupt geht - und wer dahintersteckt.

Berners-Lee wollte damals ein Netzwerk aufbauen, mit dem der Datenaustausch unter Wissenschaftlern vereinfacht werden sollte. "Informationsmanagement: Ein Vorschlag" nannte er das Papier, dessen Umsetzung sein Vorgesetzter mit einem handschriftlichen Kommentar beinahe verhindert hätte: "Vage, aber hochinteressant". Begeisterung klingt anders. Doch Berners-Lee, der 1984 ans Cern gekommen war, glaubte an seine Idee: Über ein weltweites Netz sollten Forscher auf die Ergebnisse ihrer Kollegen zugreifen können.

Um für die eigene Sache zu werben, richtete er daher am 13. November 1990 die erste Website ein. Es war der Startpunkt einer Entwicklung, die bis zum heutigen Tag zu weltweit rund 952 Millionen weiteren Internetseiten geführt hat. Allein 16 Millionen Adressen tragen dabei die Endung ".de" - damit liegt die deutsche Endung hinter der Endung ".com" weltweit auf Platz zwei der beliebtesten Endungen.

Zum von Berners-Lee angestrebten wissenschaftlichen Austausch werden jedoch nur die wenigsten Adressen genutzt. Stattdessen wurde die Welt durch die Erfindung der Website eine andere: 1994 entstand mit Yahoo eine Suchmaschine, vier Jahre später ging mit Konkurrent Google das heute wohl mächtigste Unternehmen der Welt an den Start. Zuvor hatte jedoch noch eine andere Website ihre Geburtsstunde: Der junge Amerikaner Jeff Bezos hatte sie 1995 gestartet, um damit Bücher zum Verkauf anzubieten. Innerhalb weniger Jahre sollte Amazon anschließend den weltweiten Handel gravierend verändern.

Die Erfindung des World Wide Web hat viele Pioniere zu Milliardären gemacht - Tim Berners-Lee hingegen blieb in der Wissenschaft. 1994 wechselte er in die USA, um an der Elite-Hochschule MIT in Boston weiter zu forschen. Parallel gründete er ein Konsortium, das technische Standards für das Internet entwickeln sollte. Das Netz wurde amerikanisiert - und die Geburtsstunde des www in Europa geriet so mehr und mehr in Vergessenheit.

(frin)
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