Karl-Josef Laumann "Wir brauchen Ü 80-Plätze"

Die Pflegereform soll an diesem Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden. Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), fordert im Interview mit unserer Redaktion mehr Plätze für die Tagesbetreuung von Pflegebedürftigen.

Karl-Josef Laumann: "Wir brauchen Ü 80-Plätze"
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Wer wird von der Pflegereform profitieren?

Laumann Alle 2,5 Millionen Pflegebedürftigen werden profitieren. Denn die Leistungen der Pflegeversicherung werden um vier Prozent erhöht. Zudem werden wir die Leistungen der häuslichen Pflege erheblich flexibilisieren.

Was heißt das für den Alltag der Pflegenden?

Laumann Es werden zusätzliche Leistungen zur Entlastung der Betroffenen eingeführt - etwa zur Hilfe bei der Führung des Haushalts. Außerdem sollen die Pflegenden, die sich oft mit viel Liebe um ihre Angehörigen kümmern, flexibler und länger als bislang eine Auszeit nehmen können. Sie können künftig besser entscheiden, ob der Pflegebedürftige für die Zeit eines Urlaubs stationär untergebracht oder eine Betreuung zu Hause organisiert wird. Dafür stehen etwa bei der Kurzzeitpflege bis zu 3224 Euro im Jahr zur Verfügung.

Solche Leistungen gibt es ja auch schon heute. Laufen die nicht gut?

Laumann Bisher nehmen noch viel zu wenige der Pflegebedürftigen diese Leistungen in Anspruch. Unser Ziel ist, dass wir den Alltag der pflegenden Angehörigen tatsächlich erleichtern. Durch die Flexibilisierung bin ich sicher, dass die Leistungen einfacher und damit stärker in Anspruch genommen werden und dadurch wird es auch zu einer stärkeren Entlastung der Angehörigen kommen. Als weitere Leistung führen wir ja auch die Lohnfortzahlung für eine zehntägige Pflegezeit ein, damit sich die Angehörigen erst einmal in Ruhe um alles kümmern und sich alle notwendigen Informationen einholen können.

In immer mehr Familien arbeiten beide Partner. Wie kann dennoch zu Hause Pflege gewährleistet werden?

Laumann Wir wollen auch die Tagespflege ausbauen. Auch dafür können monatlich bis zu 1612 Euro beantragt werden. Großeltern können dadurch z. B. zwei oder drei Mal pro Woche in einer Tagesreinrichtung unterkommen, um nicht den ganzen Tag alleine zu Hause zu sein. So wie die Gemeinden in den vergangen Jahren sich um die Betreuung für die unter Dreijährigen bemüht haben, werden wir uns künftig um Ü 80-Plätze kümmern müssen. Alle Menschen, die zu Hause gepflegt werden, können zudem 100 Euro pro Monat für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen bekommen. Auch davon kann zum Beispiel jemand finanziert werden, der mit dem Pflegebedürftigen die Zeitung liest oder ihn zum Einkaufen begleitet.

Werden auch die Bewohner von Pflegeheimen ihre Reform spüren?

Laumann Auch sie profitieren von der Erhöhung der Pflegesätze. Zudem werden wir in den Pflegeheimen bundesweit die Zahl der zusätzlichen Betreuungskräfte von heute rund 25 000 auf 45 000 erhöhen. Das allein kostet etwa eine halbe Milliarde Euro. Diese Betreuer sind dafür zuständig, den alten Menschen vorzulesen, sie zu begleiten oder auch mal gemeinsam einen Kuchen zu backen.

Eva Quadbeck führte das Interview.

(qua)
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