Kolumne: Der Ökonom Die schwindende Macht der Wirtschaftsmächte

Noch vor 20 Jahren kontrollierten die sieben führenden Industrieländer mehr als die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung. Jetzt ist es weniger als ein Drittel.

Kolumne: Der Ökonom: Die schwindende Macht der Wirtschaftsmächte
Foto: Phil Ninh

Als sich die Vertreter der damals noch sechs großen Wirtschaftsnationen 1975 im Schloss Rambouillet bei Paris trafen, repräsentierten sie das Gesicht der freien Welt. Politiker wie Gerald Ford (USA), Valery Giscard d'Estaing (Frankreich), Harold Wilson (Großbritannien) oder Helmut Schmidt konnten noch wesentliche Weichenstellungen in globalen Fragen wie der Ölkrise oder dem angeschlagene Weltwährungssystem vornehmen. Das Gewicht ihrer Länder war überragend. Noch 1995 - nach dem Ende des Ostblocks - produzierten die sieben führenden Industrieländer USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada mehr als die Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts. 20 Jahre später sind es knapp 33 Prozent, weniger als ein Drittel der Weltwirtschaftsleistung.

Keine Frage, das Gewicht der G 7 genannten Länder, die sich jetzt im oberbayrischen Schloss Elmau zu ihrem diesjährigen Gipfel treffen, hat deutlich abgenommen. Wichtige neu industrialisierte Länder wie China, Indien oder Brasilien, deren politische Bedeutung in den G 20-Gipfeln zum Ausdruck kommt, machen schon jetzt fast die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung aus (G 20 ohne G 7). Und ihr Gewicht wird zunehmen - sowohl von der Bevölkerung wie vom Anteil an der Weltproduktion. Spätestens 2020 wird China die USA überrunden, Indien ist - in Kaufkraftparitäten - schon jetzt die drittgrößte Ökonomie der Welt. Und Brasilien steht kurz davor, die Deutschen von Platz fünf zu verdrängen.

Dennoch sind die G 7 wichtig. Sie sind noch immer die am weitesten entwickelten und reichsten Länder der Erde. Die meisten Patente kommen von dort, und die besten Hochschulen sind hier angesiedelt. China oder Indien haben nichts Vergleichbares zu Silicon Valley, der Biotechnologie-Region von Boston oder den Finanzplätzen in New York oder London.

Luxusgüter kommen aus Frankreich oder Italien, Maschinen, Autos und Hochleistungschemie aus Deutschland. Insofern führen die G 7-Staaten noch immer die Welt - auch wenn ihre Macht deutlich eingebüßt hat.

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(RP)
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