Kolumne: Der Ökonom Draghis gefährliche Inflationspolitik

Der Chef der Europäischen Zentralbank geht wie ein Drogendealer vor. Weil die vom billigen Geld abhängige Wirtschaft nicht anspringt, erhöht er die Dosis des Giftes.

Mario Draghi, ironisch gern auch "Super-Mario" genannt, hat die Anleger enttäuscht. Weil die sich weit stärkere Maßnahmen des Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB) gewünscht hätten, schickten sie die Aktien erst einmal auf Talfahrt.

Der EZB-Präsident wirkt dabei wie ein Drogendealer, der er natürlich im Wortsinn nicht ist. Doch ähnlich dem Verkäufer von Stoffen, die kurzfristig für trügerisches Wohlbefinden sorgen sollen, gibt er der Wirtschaft bedenkenlos seine Droge aus: billiges Geld. Für gut 1,1 Billionen Euro wollte er bis Mitte 2016 Anleihen und Unternehmenspapiere aufkaufen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Doch das Wachstum im Euroraum bleibt schwach. Jetzt erhöht er die Dosis auf 1,5 Billionen, auch hier den Träume-Verkäufern ähnlich.

Auf der Passivseite der Banken steht inzwischen eine gewaltige Liquiditätsmasse, die beim geringsten Anlass in eine unbeherrschbare Inflation münden kann. Die aktuelle Inflationsrate von 0,1 Prozent ist ein schlechtes Maß für die Geldhüter, die unbedingt zwei Prozent Inflation wollen. Denn darin ist der billige Ölpreis enthalten, der auch nach oben gehen kann. Die Kerninflationsrate - ohne die Energiepreise - steigt wesentlich stärker an.

Der EZB-Präsident und sein Rat, der ihm trotz des Nein des deutschen Vertreters Jens Weidmann mehrheitlich folgte, gewöhnen mit der Verlängerung des Programms obendrein die Wirtschaft an das billige Geld. Wenn die Firmen überhaupt investieren, bezahlen sie über die künstlich verbilligten Zinsen den falschen Kapitalpreis. Das könnte etliche Investitionen unrentabel machen, wenn die Zinsen steigen.

Abwarten wäre die bessere Strategie. Die Rettungssysteme der Euro-Staaten haben einen Zusammenbruch der Währung verhindert. Jetzt sind die Unternehmen und Banken dran. Doch Draghi sieht das anders. "Wenn es dann nicht reicht, können wir weitermachen", sagte er nach der Entscheidung in Frankfurt.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort