Kolumne: Der Ökonom Finanzkrisen stärken Rechte

Düsseldorf · Bei ökonomischen und politischen Krisen steht die Bevölkerung hinter ihrer Regierung. Droht aber der Verlust der Ersparnisse, neigen Wähler zur radikalen Rechten.

 Unser Autor Martin Kessler.

Unser Autor Martin Kessler.

Foto: Kessler

Sicherheit ist eine der wichtigsten Variablen bei ökonomischen Entscheidungen. Menschen sind bereit, auf Gewinne, höheres Einkommen oder größere Kursanstiege zu verzichten, wenn sie dafür mehr Sicherheit einkaufen können. Ökonomen sagen, wirtschaftliche Akteure haben eine Scheu vor Risiken, ihr Verhalten nennen sie risikoaversiv.

Bei Ersparnissen spielt das eine besonders große Rolle. Denn die werden in der Regel über einen längeren Zeitraum angehäuft, um gegen die Widrigkeiten im Leben wie Arbeitslosigkeit, aber auch für das Alter gerüstet zu sein. Die Gefahr, diese Ersparnisse zu verlieren, macht Menschen anfällig für politische Extreme. Finanzkrisen und die daraus folgenden Unsicherheiten tragen enorm dazu bei.

In einer jüngeren Studie haben die drei Wirtschaftshistoriker Manuel Funke, Moritz Schularick and Christoph Trebesch Ergebnisse zusammengetragen, die einen klaren Zusammenhang zwischen Finanzkrisen und signifikanten Stimmengewinnen für rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien belegen. Sie untersuchten dazu 827 Wahlen in 20 Ländern zwischen den Jahren 1870 und 2014. Besonders nach den Finanzkrisen von 1929 und 2008 (Lehman-Pleite) und 2010 (Euro-Schuldenkrise) gingen die Anteile für Parteien wie den Front National in Frankreich, die europafeindliche Ukip in Großbritannien, die rechtspopulistische PVV in den Niederlanden oder etwas verspätet die AfD nach oben. Anfang der 30er Jahre profitierten davon die Faschisten in Italien und die Nazis in Deutschland.

Dieser Zusammenhang gilt nicht für schwere Wirtschaftskrisen wie den Ölpreisschock der 70er Jahre oder den Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland auf fünf Millionen im Jahr 2005. Hier sammelt sich die Bevölkerung eher hinter der Regierung. Man kann also sagen, dass Bankenregulierung und Finanzmarktüberwachung den besten Schutz vor Rechtspopulisten und extreme Nationalisten bieten.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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