Kolumne: Der Ökonom Frankreich ist produktiver als Deutschland

Wir Deutsche sind stolz auf unsere Wirtschaft, die ganz Europa dominiert. Doch wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Frankreichs Wirtschaft viel produktiver ist. Warum?

Ein Blick in die Statistik hilft manchmal, Vorurteile zu korrigieren. Deutschland etwa gilt als prosperierendes Land: Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der Staat erzielt Überschüsse, und die Exporte klettern ständig auf neue Höchststände.

Doch halt. Eine blühende Ökonomie macht sich nicht nur an Arbeitslosigkeit, Inflation und Exporten fest. Die zentrale Größe des Wohlstands ist das Bruttoinlandsprodukt, also die Wirtschaftsleistung, pro Kopf. Und für die Arbeitnehmer und ihre Löhne ist die Produktivität entscheidend. Statistisch genau handelt es sich um das Bruttoinlandsprodukt je geleisteter Arbeitsstunde der Erwerbstätigen. Das sind die Güter, die ein produktiver Mensch in einer Arbeitsstunde herstellt. Genau das ist die Grundlage für Reichtum.

Ausgerechnet bei dieser Größe schneidet Deutschland im Vergleich der EU-Ländern nicht so besonders gut ab. Es erreicht gerade einmal den europäischen Schnitt. Länder wie Schweden, die Niederlande oder Österreich, aber auch Frankreich sind deutlich besser. Spanien liegt knapp darunter, Italien ist auf Augenhöhe. Das sind die Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat, die als sehr zuverlässig gilt.

Für das Selbstverständnis einer stolzen Wirtschaftsnation ist das ein Schlag. Wie kommt dazu? Zum einen wirken noch immer die Folgen der Einheit. Die Wirtschaft Ostdeutschlands erreichte 1990 gerade einmal die Hälfte der Produktivität der westdeutschen Unternehmen. Auch 25 Jahre danach besteht noch eine Produktivitätslücke von mehr als 20 Prozent.

Dann trägt die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt zur niedrigen Produktivität bei. Denn in Krisenzeiten halten die Firmen die eher produktiven Arbeitskräfte. Wenn sie neue einstellen, sinkt die Grenzproduktivität. Frankreich hat eine hohe Arbeitslosigkeit, Deutschland eine niedrige. Doch die deutschen Firmen haben auch zu wenig in ihre Anlagen investiert. Es könnte zum bösen Erwachen kommen, wenn auf einmal die deutschen Produkte nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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