Kolumne: Der Ökonom Handel - Supermacht oder ohnmächtig?

Wirtschaftsminister Gabriel will die Fusion von Edeka und Kaiser's erlauben - trotz des Verbots des Kartellamts. Dafür gibt es Gründe, die Sorge um Jobs ist der schwächste.

Kolumne: Der Ökonom: Handel - Supermacht oder ohnmächtig?
Foto: Phil Ninh

Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer bezeichnete einmal den Handel als mächtigste Branche in Deutschland. Sein Kampf um die Existenz des grünen Punkts hat ihn diese Erfahrung gelehrt. Seitdem ist die Marktmacht der großen Handels- konzerne nicht geringer geworden. Vier Unternehmen kontrollieren rund 80 Prozent des Marktes. Jetzt will sich Branchenführer Edeka den deutlich kleineren Wettbewerber Kaiser's Tengelmann einverleiben. Eigentlich eine klare Sache für ein ebenso klares Nein der Wettbewerbsbehörden, oder?

Die Sache ist nicht ganz so einfach. Der amerikanische Ökonom William Baumol hat die Theorie der bestreitbaren Märkte (contestable markets theory) entwickelt. Danach ist nicht die in Marktanteilen gemessene Marktmacht entscheidend. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob potenzielle Wettbewerber in den Markt drängen, sollten die Platzhalter ihre Macht ausnützen und die Preise anheben oder die Lieferanten zu stark unter Druck setzen.

Trotz der Konzentration scheint der Wettbewerb tatsächlich zu funktionieren, wenn man die Preisschlachten von Aldi, Lidl und Co. beobachtet. Hinzu kommt der neue Vertriebsweg über das Internet, der Handelsunternehmen wie Media-Saturn lange Zeit große Probleme gemacht hat. Auf der anderen Seite haben die Zulieferer kaum eine Auswahl und verdienen oft nicht ihre Kapitalkosten. Das spricht gegen eine Übernahme. Die Lage erfordert deshalb eine genaue Prüfung, die die deutschen Wettbewerbsbehörden auch geleistet haben.

Die Begründung, die Wirtschaftsminister Gabriel jetzt zur Genehmigung der Fusion vorbringt, ist allerdings die schwächste. Er will die Jobs bei Kaiser's retten, weil das Unternehmen offenbar nicht allein überleben kann. Doch die werden trotz aller Auflagen wegfallen, wenn sie im Markt überflüssig sind, Jobgarantie hin oder her. Bei Schlecker hat immerhin die Hälfte aller Beschäftigten wieder eine neue Stelle gefunden. Jobs brauchen keinen staatlichen Schutz.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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