Kolumne: Der Ökonom Neulich im Einzelhandelsfachgeschäft

Düsseldorf · Handwerk und Facheinzelhandel sind zu Recht stolz auf die Kompetenz ihrer Betriebe und Mitarbeiter. Bisweilen kann es aber auch gehörig schief gehen.

Kolumne: Der Ökonom: Neulich im Einzelhandelsfachgeschäft
Foto: Kessler

In der Berichterstattung kommt der Alltag häufig zu kurz. Gerade dort findet jedoch Wirtschaft statt. Mein Ausflug in die Realität lief über die Anschaffung eines elektrischen Rasenmähers. In unserem Garten grünt gerade ein neuer Rasen. Zur Pflege schwebte mir zunächst einer der schicken neuen Rasenroboter vor. Bei Preisen ab 680 Euro griff ich lieber zum einfachen elektrischen Rasenmäher.

Der Gartenfachbetrieb, der den Rasen angelegt hatte, empfahl ein Markenprodukt der schwäbischen Firma Stihl aus Österreich. Da Gartencenter und Fachhandel den gleichen Preis nannten, entschied ich mich für den stadtbekannten Gerätespezialisten. "Der steht auch für einen guten Service", überzeugte mich der Gärtner.

Beim Fachhändler selbst überraschte mich die Frage, ob ich mit dem Gerät täglich mähen wollte. Sodann war dem Fachverkäufer nicht klar, wie die Rasenhöhe beim Markengerät einzustellen war. Für die Funktionsprüfung des Geräts brauchte der "Experte" 45 Minuten, um sechs Schrauben zu befestigen. Das lag daran, dass er erst den Akkuschrauber nicht fand, dann die Ratsche nicht bedienen konnte und sich schließlich mit einem Handschraubenzieher abmühte. Keiner der Fachkollegen half.

Nach der erfolgreichen Funktionsprüfung stellte meine Tochter fest, dass die Vorderräder des neuen Marken-Rasenmähers wie wild eierten. Ratlos zuckte der Verkäufer die Schultern. "Das ist wohl so in der ganzen Serie." Er rief den Techniker, der jedoch keine Zeit hatte. Als ich ihn ansprach,stellte er lakonisch fest, dass dies nicht sein dürfte. Wir nahmen ein anderes Produkt der Serie, bei dem die Reifen weniger eierten. Die Probe steht aber noch aus.

Merke: Wenn erstens unsere automatisierten Markenprodukte anfällig sind wie der Stihl-Rasenmäher, dann steht es schlecht um die Industrie 4.0. Wenn zweitens der Fachhandel auf seine Kompetenz so wenig Wert legt, dann setzen sich die Billigketten noch schneller durch.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(kes)
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