Der Ökonom Warum der Kinderfreibetrag zu niedrig ist

Kinder sind steuerlich weniger wert als Erwachsene. Das wollte die Union zu Recht ändern. Jetzt opfert sie ein Stück Steuergerechtigkeit, um fragwürdige Projekte zu finanzieren.

Familienpolitik war einst ein Markenkern der CDU. Dass sie damit lange Zeit erfolgreich blieb, lag auch an der systematischen Einordnung der Familienförderung in die Einkommensteuer. Ökonomisch richtig setzte die Union an der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler an. Wer für seine Kinder sorgt, muss bei gleichem Einkommen weniger Steuern zahlen als eine Einzelperson oder ein kinderloses Paar.

Davon nimmt die CDU teilweise Abschied, wenn sie aus angeblich finanziellen Gründen auf eine Anhebung des Kinderfreibetrags und des Kindergelds verzichtet. Kein Kita-Gesetz oder Elterngeld kommt so direkt Familien zugute wie diese beiden Elemente. Der Kinderfreibetrag setzt sich aus den Aufwendungen für Erziehung und Bildung sowie dem Existenzminimum des Kindes zusammen. Der Gesetzgeber würde Familien grob benachteiligen, wenn er ihr zu versteuerndes Einkommen nicht um diesen Betrag vermindern würde. Für die unteren Einkommensbezieher gibt es als Ausgleich das Kindergeld, das Chancengleichheit herstellen soll.

Die Höhe des Kinderfreibetrags ist verfassungsrechtlich vorgegeben. Grundlage ist die Höhe des Existenzminimums. Ausgerechnet hier spart der Gesetzgeber, wenn er gerade einmal 322 Euro pro Monat je Kind ansetzt. Es ist entlarvend, dass der Gesetzgeber bei der Neubemessung des Existenzminimums nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2010 in einem Katalog all jene Ausgaben anführt, die in das Existenzminimum eingerechnet werden müssten, aber noch nicht sind. Einen "spektakulären Offenbarungseid" nennt das der streitbare Familienrichter Jürgen Borchert aus Darmstadt.

Der Kinderfreibetrag liegt auch mit 7008 Euro pro Jahr unter dem für einen Erwachsenen, der bei 8130 Euro liegt und 2014 noch angehoben wird. Hier zementiert die CDU obendrein die steuerliche Ungleichheit. Mit effizienter Familienpolitik hat das alles wenig zu tun.

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(RP)
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