Der Ökonom Griechenland braucht einen Schuldenschnitt

Für die meisten Euro-Politiker ist ein Schuldenerlass für Athen tabu. Das entspricht aber nicht der ökonomischen Realität.

Nach einigen ruhigen Monaten sah es so aus, als könnte die Troika aus Europäischer Union (EU), Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) die Überschuldung Griechenlands lautlos managen. Doch trotz der Verabschiedung des jüngsten Sparpakets ist unklar, wie das Land aus eigener Kraft die Schulden in Höhe von 170 Prozent der Wirtschaftsleistung spürbar senken kann.

In einer Simulationsrechnung haben die Schweizer Ökonomen Armin Jans und Silvio Graf gezeigt, unter welch unrealistischen Bedingungen Griechenland die von EU und IWF geforderte Maximalverschuldung von 120 Prozent im Jahr 2020 und 60 Prozent im Jahr 2033 erreichen kann. Unterstellt haben die beiden Forscher , dass die EZB über 20 Jahre den Zins unter der Wachstumsrate der griechischen Volkswirtschaft halten kann. Die Ökonomen sprechen von einem positiven Wachstumsdifferential, das nötig ist, um den Teufelskreis von zunehmender Zinslast (Zinseszinseffekt) und steigenden Schulden zu durchbrechen. Pech nur, dass Griechenland weiter in einer Rezession steckt. Zudem wurde diese Annahme in den vergangenen 20 Jahren überhaupt nur von einem Bruchteil der Industrieländer erreicht.

Als nächste Bedingung haben die Schweizer postuliert, dass der Staat nach Abzug der Zinsleistungen über 20 Jahre einen Haushaltsüberschuss von mindestens 4,5 Prozent erzielen muss. Keinem OECD-Industrieland ist es je gelungen, die Staatsfinanzen so lange in einem Überschuss zu halten. Die Annahmen der Troika bauen also auf einem unrealistischen Schönwetter-Szenario auf. Die Schweizer schlagen daher vor, Griechenland 60 bis 80 Prozent der Staatsschuld zu erlassen, auch wenn das den deutschen Steuerzahler 80 Milliarden Euro kosten würde.

So oder anders, der Schuldenschnitt muss kommen, soll Griechenland in der Eurozone bleiben. Auf das Timing kommt es an. Wenn der Schnitt zu früh kommt, stellt das Land alle Anstrengungen ein, aus der Krise zu kommen. Deswegen, und weil in Deutschland gewählt wird, wollen Finanzminister Schäuble und seine Kollegen jetzt von einem Schuldenschnitt nichts wissen.

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(RP)
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