Bankkunden sollen Pleitestaat helfen Wütende Sparer und Banken-Run in Zypern

Nikosia · Der Beschluss der Eurogruppe zur Zypernrettung hat auf der Mittelmeerinsel einen kleinen Banken-Run ausgelöst. Zahlreiche Menschen versuchten am Samstagmorgen, ihre Konten zu räumen. Dabei kam es kurzzeitig zu einem Ansturm auf einige Genossenschaftsbanken, die auch am Samstag geöffnet sind.

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Foto: dpa, Katia Christodoulou

Dutzende Kunden versuchten ihre Spareinlagen abzuheben, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk (RIK). Sie wurden von den Angestellten darüber informiert, dass das Onlinesystem der Banken außer Betrieb gesetzt sei. Später schlossen auch die wenigen geöffneten Filialen, wie der stellvertretende Präsident der Cooperative Central Bank of Cyprus, Erotokritos Chlorakiotis, im staatlichen Rundfunk sagte.

"Ich bin extrem wütend. Ich habe Jahre über Jahre gearbeitet, um dies anzusparen und jetzt verliere es, weil die Niederländer und Deutschen es sagen", ärgerte sich ein 54-jähriger Zypriot am Samstag. Ein Rentner sagte: "Das ist schlicht und einfach Diebstahl." Zypern sei nicht Sizilien. Dies sei nicht die Insel der Mafia. Bereits am frühen Morgen hatten sich in der Küstenstadt Larnaka Schlangen vor Geldautomaten gebildet. Bankgenossenschaften, die im Normalfall auch am Samstag geöffnet sind, blieben geschlossen.

In der Nacht hatte die Eurogruppe beschlossen, auch Bankkunden ohne Ausnahme kräftig zur Kasse zu bitten, um einen Staatsbankrott wegen der maroden Finanzinstitute abzuwenden. Die vereinbarte Sonderabgabe beträgt 6,75 Prozent für Guthaben bis 100.000 Euro und 9,9 Prozent für höhere Einlagen. Rund ein Drittel der Einlagen in Zypern sind in der Hand ausländischer Kontoinhaber - vor allem reicher Russen und Briten.

Um einem Bankenrun zuvorzukommen, wurden die entsprechenden Beträge auf allen Konten in der Nacht eingefroren. Der zyprische Rundfunk berichtete, die Kunden könnten selbstverständlich Geld am Automaten abheben, aber nicht den Betrag, der der Sonderabgabe für ihre Einlagen entspreche.

Abgabe soll knapp sechs Milliarden Euro bringen

Die Abgabe solle geschätzte 5,8 Milliarden Euro einbringen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung der Finanzminister am Samstagmorgen in Brüssel. Alle zyprischen Banken hatten in den vergangenen Tagen versichert, es gelte - wie in ganz Europa - die Garantie der Geldeinlagen in Höhe von 100 000 Euro.

"Wir bestrafen Zypern nicht", versicherte Dijsselbloem. "Aber sie bestrafen uns einfache Zyprer", sagte der zyprische Ingenieur Andreas Stylianou aus Nikosia der Nachrichtenagentur dpa. Zyperns Finanzminister Michalis Sarris deutete an, die Zwangsabgabe könne möglicherweise in Aktien der betroffenen Banken umgetauscht werden.

Das EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hatte nach den zehnstündigen Verhandlungen in Brüssel die Zyprer für das Verfahren verantwortlich gemacht. "Bevor die Banken wieder öffnen, wird die Abgabe abgezogen. Der Rest des Geldes ist frei verfügbar", sagte er.
Ein solches Vorgehen drohe in anderen Krisenländern des Kontinents nicht, versicherte Asmussen.

Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Finanzministeriums auf Zypern erfuhr, soll es bei den Verhandlungen in der Nacht in Brüssel zu dramatischen Szenen gekommen sein. Mindestens drei Mal soll die zyprische Delegation bei der Eurogruppe kurz davor gewesen sein, abzureisen. Die anderen Europäer hätten Zypern vor die Alternative gestellt, entweder der Sonderbesteuerung der Geldeinlagen zuzustimmen oder zur früheren Währung des Landes, dem Zypern-Pfund, zurückzukehren, berichteten zyprische Reporter.

(dpa/Reu/felt)
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