Studie der Bertelsmann-Stiftung Zuwanderer besser ausgebildet als Deutsche

Berlin · Von wegen arm und ungebildet: Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung verfügen Einwanderer in die Bundesrepublik inzwischen über ein höheres Bildungsniveau als die deutsche Stammbevölkerung. Nach Beobachtung der Forscher hat sich in den vergangenen zehn Jahren ein stille Revolution ereignet.

2011 wanderten 958.000 Menschen nach Deutschland ein
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43 Prozent der Neuzuwanderer zwischen 15 und 65 Jahren können laut Studie einen Meister, Hochschul- oder Technikerabschluss vorweisen. Das sind etwa 60 Prozent mehr als bei der deutschen Bevölkerung. Bei den Deutschen ohne Migrationshintergrund sind es nur 26 Prozent, heißt es in einer Studie des Arbeitsmarktforschers Herbert Brücker im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung (PDF).

Zusammensetzung und Qualifikation der Einwanderer habe sich in den vergangenen zehn Jahren radikal verändert, schreibt der Wissenschaftler vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB/Nürnberg). Während es in der deutschen Öffentlichkeit nach wie vor die Vorstellung gebe, Zuwanderer stammten überwiegend aus gering qualifizierten Bevölkerungsgruppen ihrer Heimatländer, habe sich in Wirklichkeit in den vergangenen Jahren von der Öffentlichkeit unbemerkt ein Wandel vollzogen.

Die Verhältnisse haben sich umgekehrt

Die weit verbreitete Vorstellung von Zuwanderen als Wirtschaftsflüchtlingen aus bitterarmen südeuropäischen Ländern erweist sich demnach als nicht haltbar. Vor allem der Anteil von Hochschulabsolventen und von Studierenden ist demnach signifikant gestiegen.

In Zahlen liest sich das durchaus beeindruckend: Im Jahr 2000 hatten 22,9 Prozent der Zuwanderer einen hochgradigen Abschluss in der Tasche. Der Anteil der Immigranten mit geringer Qualifikation war in etwa doppelt so hoch. Dieses Verhältnis hat sich inzwischen komplett umgekehrt. So betrug der Anteil der Hochqualifizierten im Jahr 2009 42,7 Prozent, der der Niedrigqualifizierten 24,6 Prozent.

Deutschland ist darauf angewiesen

Der Boom an klugen Arbeitskräften aus dem Ausland dürfte aller Voraussicht anhalten. Aus Ländern wie Spanien oder Portugal, wofast jeder zweite frisch Ausgebildete keine Arbeit findet, strömen immer mehr junge Zuwanderer nach Deutschland. Dort können sie auf Beschäftigung und ein Einkommen hoffen. "Mit der Eurokrise zeichnet sich jetzt allerdings ab, dass die wirtschaftlichen Bedingungen Deutschland zu einem attraktiven Ziel für Migranten vor allem aus den neuen Mitgliedsstaaten der EU gemacht haben", heißt es in der Bertelsmann-Studie.

Trotz der Einwanderungsrekorde fordert die Bertelsmann-Stiftung jedoch eine Neuausrichtung der deutschen Zuwanderungspolitik. "Deutschland braucht künftig mehr qualifizierte Einwanderer denn je - auch aus Nicht-EU-Staaten", sagte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Die Bundesrepublik dürfe sich nicht darauf verlassen, dass der Zuzug aus den südeuropäischen Krisenländern unvermindert anhalte. Nach wie vor droht dem Land aus demographischen Gründen ein Fachkräftemangel.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zogen 2012 über eine Million Menschen nach Deutschland, so viele wie zuletzt 1995. Verrechnet mit den Abwanderungen kommt die Behörde auf eine Nettozuwanderung von mindestens 340.000 Personen.

(dpa/pst/rl)
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