Annette Schavan als Studentin Die WG-Erinnerungen der Ministerin

Berlin (RP). Wie war das damals, als Bundesbildungsministerin Annette Schavan noch selbst Studentin war? Erinnerungen an die Zeit in Düsseldorf und Bonn, ihre Zielstrebigkeit, einen kaputtgefahrenen Kleinwagen und ihre Wohngemeinschaft.

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Foto: ddp

Nichts konnte Annette Schavan in ihrer Studienzeit bremsen — bis auf einen Lkw. Im Jahr 1974 fuhr die heutige Bundesbildungsministerin in einem roten Renault 5 mit Revolverschaltung über die Düsseldorfer Südbrücke. Sie war gerade 19 Jahre alt und studierte im ersten Semester Erziehungswissenschaften. Von ihren Eltern in Neuss steuerte sie zur Universität Düsseldorf. Plötzlich scherte ein Lkw so dicht auf ihre Nebenspur, dass sie vor Schreck mit einem Satz in den Straßengraben auswich. Der Peugeot war platt, Annette Schavan wohlauf.

Zum Glück. Denn die junge Frau hatte noch viel vor. Sie ging schon während des Studiums sehr ehrgeizig ihren Weg. Mit 25 schloss sie ihre Promotion ab. Doktorvater ist der Düsseldorfer Erziehungswissenschaftler Gerhard Wehle, der heute in Wesel lebt und bestätigt, dass sie sehr zielstrebig gewesen sei. Wehle unterstützte die Studentin nach besten Kräften, und beide halten bis heute den Kontakt.

Dissertation mit Tippex und verrutschen Fußnoten

Wenn Schavan an die Schreibarbeit von damals denkt, muss sie lachen. "Für die Dissertation hatte mir mein Vater eine Kugelkopf-Schreibmaschine aus dem Büro mitgebracht", sagt sie. Es wurde ein Akt mit viel Tippex und verrutschten Fußnoten. Resultat: "Magna cum laude."

Die Arbeit veröffentlichte sie als Buch. Es steht seitdem im Regal der Universitäts- und Landesbibliothek. "Person und Gewissen" lautet der Titel. Er birgt zwischen weiß-grünen Buchdeckeln 351 Seiten zur modernen Gewissensbildung — mit Dank an die Eltern, an Wehle und den katholischen Moraltheologen Franz Böckle, der sie in Bonner Zeiten beeinflusste.

Düsseldorf und Bonn, das waren die Stationen ihres Studiums. Zwei Semester ging Annette Schavan in die Seminare der Philosophischen Fakultät der Landeshauptstadt. Sie studierte Erziehungswissenschaften und Philosophie. "Weil es in Düsseldorf keine Theologie gab, bin ich nach Bonn gewechselt", sagt sie. Dort beendete sie ihr Studium in den drei Fächern, kehrte aber für die Promotion zu Wehle nach Düsseldorf zurück.

Zwei-Zimmer-WG mit Bad auf halber Treppe

In Bonn fand sie ein Studentenleben mit Wohngemeinschaft und allem, was dazugehört. Mit einer Kommilitonin zog Schavan in eine Wohnung in der Nordstadt. "Jeder hatte ein Zimmer, wir teilten die Küche, und außerhalb der Wohnung lag auf dem halben Stockwerk das Bad." Ansonsten waren die Zeiten ruhig, die Studentenbewegung war vorbei. "Wir waren gewissermaßen die jüngeren Geschwister der '68er", sagt Schavan.

Für die Hochschulpolitik engagierte sie sich nicht. Allerdings war Schavan nach dem Abitur in die CDU eingetreten. In Neuss wurde sie "sachkundige Bürgerin" im Schul- und Umweltausschuss und Vorsitzende der Jungen Union. Für die Kommunalpolitik pendelte Schavan während ihres Studiums immer wieder auf die andere Rheinseite.

Studiengebühren gab es damals noch nicht. Das Geld zum Leben verdiente sich Schavan in den Semesterferien bei der Landesversicherungsanstalt, indem sie Rentenbescheide vorbereitete. Außerdem arbeitete sie als studentische Hilfskraft an der Uni und wurde teilfinanziert von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das bedeutete frühe finanzielle Unabhängigkeit.

"Mit Neugierde herangehen"

Ihr Berufsziel hielt sie lange offen. Böckle wollte, dass sie sich habilitiert. Sie aber dachte früh pragmatisch, dass sie als Frau in der katholischen Theologie schlechte Berufsperspektiven habe. Im ersten Jahr arbeitete sie noch als Lehrbeauftragte für Pädagogik an der Kunsthochschule Düsseldorf und ein weiteres Semester als Religionspädagogin an der RWTH Aachen. Schließlich wurde sie Referentin bei der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk — und hatte bald das Geld für ein neues Auto zusammen.

Aus diesen Studien-Erfahrungen speist die Ministerin ihre Erwartungen an heutige Studenten. Sie rät ihnen, "zügig und interessiert" zu sein. Vor allem sollen sie an alles "mit Neugierde herangehen". Für sie selbst habe das Studium "Horizonte eröffnet". Ein Auslandssemester sei für Theologen zwar damals nicht üblich gewesen, "aber heute rate ich jedem dazu."

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