Fettschwarten dienten als Schutzschicht Einstige Gladiatoren waren dicke Vegetarier

Wien (rpo). Von wegen schlank, muskulös und heldenhaft sexy. Die einstigen Gladiatoren, die in Hollywood-Filmen vornehmlich durchtrainiert dargestellt werden, waren nach Ansicht österreichischer Anthropologen dicke Vegetarier. Die Fettschwarten hatten sogar einen strategischen Sinn.

Die Wissenschaftler untersuchten Skelette der Kämpfer, die bei Ausgrabungen in der antiken Stadt Ephesos - in römischer Zeit die Hauptstadt der Provinz Asien - gefunden wurden.

"Untersuchungen der Knochenstücke von etwa 70 Gladiatoren scheinen zu beweisen, dass sie sich überwiegend von Gerste, Bohnen und getrockneten Früchten ernährten", sagt der Forensiker Karl Großschmidt, der an der Studie des Wiener Instituts für Archäologie beteiligt war. "Diese Art der Diät war zwar wenig genussvoll und machte die Gladiatoren fett; sie gab ihnen jedoch eine Menge Kraft."

Bei ihren Untersuchungen nutzten die Forscher eine Methode, die sie elementare Mikroanalyse nennen. Damit bestimmen sie, was ein Mensch während seines Lebens gegessen hat. Mit Hilfe eines Schallmessgerätes untersuchen sie dazu die chemische Zusammensetzung von Knochenzellen. Daraus schließen sie dann, wie viel Fleisch, Fisch, Getreide und Obst die römischen Kampfmaschinen verzehrten. Ernährt sich ein Mensch ausgewogen von Fleisch und Gemüse, bleiben in seinen Zellen gleich hohe Konzentrationen der Metalle Zink und Strontium zurück. Bei Vegetarierern dagegen überwiege Strontium gegenüber Zink, erklärt Großschmidt.

Genau dies ist den Untersuchungen zufolge bei den Gladiatoren-Knochen der Fall. Der gewünschte Nebeneffekt: Die Kämpfer wurden fett. Weil viele von ihnen schlecht bewaffnet und ohne Verteidigungsmittel in die Arena gingen, legten sie sich offenbar die dicke Fettschicht an, um ihre lebenswichtigen Organe vor den Hieben ihrer Gegner zu schützen.

Durch die Untersuchung der Fußknochen entlarvten die Wissenschaftler einen weiteren Mythos über die antiken Kämpfer als falsch: Sie trugen in der Arena keine Sandalen, sondern duellierten sich barfuß. "Die Knochendichte in den Fußknochen ist besonders hoch. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Gladiatoren mit nackten Füßen auf einem sandigen Untergrund kämpften", sagt Fabian Kanz von der Abteilung für Analytische Chemie der Universität Wien.

Die österreichischen Forscher führen derzeit weitere Tests an den in der Nähe der türkischen Stadt Selsuk ausgegrabenen Skeletten durch. Sollten sich ihre ersten Erkenntnisse bestätigen, bekäme das glamouröse Bild vom Helden mit maskuliner Figur tiefe Schrammen. Gladiatoren sahen demnach wohl in der Regel nicht aus wie der junge Kirk Douglas in "Spartacus" oder Russell Crowe in "Gladiator", sondern wie übergewichtige Ringer.

"Es scheint so, als haben die Gladiatoren versucht, vor ihren Kämpfen einige Pfunde anzusetzen", schildert Kanz. "Das bedeute aber nicht, dass sie nicht hart daran arbeiteten, die Kilos wieder zu verlieren, wenn sie den Ring lebend verlassen haben."

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