Projekt kostet 2,5 Milliarden US-Dollar "Curiosity": Zweifel an der Mars-Mission

Die Nasa steht unter Druck: Sie hat das 2,5-Milliarden-Dollar-Projekt "Curiosity" zum Schwerpunkt ihrer Arbeit erklärt. Noch schweigen die Kritiker – aber es gibt Zweifel, ob die Mission ihr Geld wert ist. Es scheint nämlich, als seien die USA der Faszination der Technik erlegen.

"Curiosity": Mars-Mission in Bildern
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Foto: afp, HO

Die Nasa steht unter Druck: Sie hat das 2,5-Milliarden-Dollar-Projekt "Curiosity" zum Schwerpunkt ihrer Arbeit erklärt. Noch schweigen die Kritiker — aber es gibt Zweifel, ob die Mission ihr Geld wert ist. Es scheint nämlich, als seien die USA der Faszination der Technik erlegen.

In diesen Tagen wird jede Nachricht aus dem Kontrollzentrum der US-Weltraumbehörde Nasa in Pasadena von Superlativen begleitet. "Curiosity", oder besser: die Ingenieure kennen angesichts ihrer Mission keine Normalität mehr. Die Reise des Roboters auf dem Mars kostet 2,5 Milliarden US-Dollar. Trotzdem sind Kritiker verstummt. Es werden keine Vergleiche angestellt wie viel Brot man davon kaufen könnte, oder was sich damit sonst Sinnvolles erdenken ließe. Mindestens die USA sind der Faszination der Technik erlegen.

Die Nasa liefert dafür täglich eine Erfolgsmeldung: Am Landeplatz des Roboters, dem Gale-Krater, der sich auf Fotos zunächst wie eine Steinwüste präsentiert, existieren "viel mehr unterschiedliche Farben als an den anderen Orten", heißt es. Als "Curiosity" ein weniger als ein Millimeter großes Loch per Laser in einen Stein geschmolzen hat, sind die Daten "besser als beim Test auf der Erde". Im Kurznachrichtendienst Twitter amüsierte die Nasa die Welt, indem sie sogar die Reaktion des getroffenen Steins beschrieb: "Eeh". Und wenn die Sonde sich jetzt erstmals ein paar Meter bewegen wird, soll "das wirklich etwas Besonderes sein".

Die Zusammenfassung der ersten Tage wirkt besonders verstörend. "Der erste Eindruck ist, wie ähnlich der Erde es dort aussieht", sagte John Grotzinger über den Gale-Krater. Wenn man nicht wüsste, dass der Chef für diese Nasa-Mission Geologe ist, müsste man ihn für verrückt halten. Der nüchterne Betrachter sieht bisher nicht mehr als auf den Fotos der anderen Mars-Missionen: eine rote, wüstenähnliche Landschaft.

Grotzinger und die Informationsstrategie der Nasa könnten es schaffen, dass die im Schichtdienst nach Mars-Ortszeit arbeitende 400-köpfige Forschergruppe weltweit quasi Heldenstatus bekommt. Einer von ihnen, der mit auffälliger Frisur beim Live-Stream eine herausragende Rolle hatte, bekommt schon Heiratsanträge, berichtet die Nasa. John Grotzinger ist sich seiner Rolle bewusst, die ihn antreibt, dass er kaum Schlaf findet. Die Fülle der Daten werde so groß sein, dass die Auswertung mehrere Jahre benötigen wird. Er spüre die Last auf seinen Schultern, sagte er in einem Interview, "nicht nur für diese Mission, sondern für die Zukunft der Mars-Erforschung".

Die "Curiosity"-Mission auf dem steinigen Nachbarplaneten muss ein Erfolg werden. Der Roboter darf nicht so enden, wie eines der vier Vorgängerfahrzeuge: "Spirit", das in fünf Jahren nicht einmal acht Kilometer fahren konnte, dessen Vorderrad lahmte und das schließlich in einer Sanddüne stecken blieb. Und dann machte im kalten Mars-Winter die Batterie schlapp. Zur tragischen Geschichte von "Spirit" gehört ein weiteres Detail: Der Landeplatz erfüllte nicht die Erwartungen der Nasa. Nur sehr selten traf "Spirit" auf Gestein mit Spuren der wohl doch wasserreichen Geschichte des Mars — dieses Risiko bedroht auch die aktuelle Expedition.

So spektakulär die Landung des Roboters von der Größe eines Kleinwagens auf dem Mars ist — neben dem überwältigenden Beweis der technischen Machbarkeit fehlt "Curiosity" das technische Werkzeug, damit die 2,5-Milliarden-Dollar-Mission auch wissenschaftlich eine Ausnahmestellung bekommt. Der Bohrer an Bord kann gerade fünf Zentimeter in den staubbedeckten Marsboden eindringen und knapp 100 Löcher bohren. Die Wetterstation ist zwar wichtig, aber nicht ausreichend spektakulär.

Lediglich der Laser, der noch in sieben Meter Entfernung Gestein verdampfen kann, um es zu untersuchen, hat das Zeug für die wissenschaftliche Überraschung. Allerdings haben andere Mars-Missionen ("Phoenix" und Satelliten) bereits die Existenz von Wasser nachgewiesen. Und der nach acht Jahren noch immer funktionierende Roboter "Opportunity", baugleich mit "Spirit", hat bei der 35-Kilometer-Tour an seiner Landestelle schon viele von Wasser geprägte Gesteinsschichten gefunden. Damit wird "Curiosity" kaum noch einmal punkten können, wenn sie die 2,5 Milliarden rechtfertigen will. Immerhin: Angetrieben von einer Art Atombatterie mit Plutonium wird der Roboter sicher länger durchhalten als die versprochenen zwei Jahre, wenn nicht der sprichwörtliche Sand ins Getriebe kommt.

Spezialisten der europäischen Weltraumbehörde, der Esa, haben ganz andere, weiterreichende Ziele. Ihr Roboter, der 2016 starten soll, wird wohl ein zwei Meter tiefes Loch bohren können. Und er soll ein biologisches Mini-Labor tragen, das Überbleibsel jeglicher Lebensformen wie DNA identifzieren könnte.

Der Esa-Trip zum Mars wird bisher auf gut eine Milliarde Euro geschätzt, etwa die Hälfte der Kosten der US-Mission. Die Esa ist anders organisiert: Sie setzt auf kleine, flexible Teams, was sich besonders bei den Kosten bemerkbar macht. Die Finanzierung des Projekts "Exomars" ist aber nicht gesichert und ohne Russland unmöglich. Zudem können die Europäer noch keine erfolgreiche Landung eines Roboters vorweisen, was sie naturgemäß zu den Amerikanern aufschauen lässt. Wohl deshalb gibt es auch keine offene Kritik an den Kosten der Mission.

Man helfe sich gern — die Kooperation funktioniert gut; einige Messgeräte der US-Sonden wurden in Europa entwickelt — man gönne den Amerikaner den Erfolg, heißt es. Interessante Ergebnisse vom Mars würden zudem die Geberstaaten für die Esa-Mission locken, die noch fehlenden gut 400 000 Euro zur Verfügung zu stellen.

(RP/csi/nbe/das)
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