Tschad Wüsten-Seen sind jetzt Weltnaturerbe

Tschad · Deutsche Forscher setzten sich erfolgreich dafür ein, die Ounianga-Seen im Tschad unter den Schutz der Unesco zu stellen. Nun soll das Ennedi im Tschad wegen seiner einzigartigen Felszeichnungen Unesco-Weltkulturerbe werden.

 Die Ounianga-Seen sind wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit berühmt.

Die Ounianga-Seen sind wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit berühmt.

Foto: Gundhild Tillmanns

Wasser ist Leben, aber in der Wüste oftmals eine Fata Morgana. Die Ounianga-Seen-Landschaft im Herzen der Sahara, im zentralafrikanischen Tschad, ist keine Täuschung. Unlängst zum Unesco-Weltnaturerbe erhoben, sind diese 18 Seen von ebenso großer Schönheit wie auch von wissenschaftlicher Bedeutung. Stefan Kröpelin vom Institut für Frühgeschichte der Universität Köln hat das Naturphänomen untersucht und sich maßgeblich für die Unterschutzstellung eingesetzt. In Bonn stellte er das Forschungsprojekt Ounianga-Seen und sein weiteres Vorhaben, die Unterschutzstellung des Ennedi im Tschad, jetzt im Zoologischen Forschungsmuseum Koenig vor.

Die Ounianga-Seen sind wegen ihrer außergewöhnlichen Schönheit als Unesco-Weltnaturerbe anerkannt worden. Das ökologische System von zumeist Salz- und einigen Süßwasserseen dient den Wissenschaftlern aber nunmehr auch nach einer Kernbohrung durch Kröpelin und sein Team als lückenlose Datenbank über 6200 Jahre Klimawandel und Menschheitsgeschichte in der Sahara.

Was die deutschen Forscher insgesamt in einjähriger Arbeit im zumeist bewegten Wasser des Ounianga-Kebir-Sees an Sedimenten geborgen haben, ist zur Verwunderung der Einheimischen zwar nur Schlamm und Dreck gewesen. Die internationale Wissenschaft wird aber laut Kröpelin die kommenden Jahre mit der Analyse des bis auf Monate und Jahre genauen Schichtenmaterials zu tun haben. Nicht nur Aussagen über den Klimawandel, sogar über Ereignisse wie Atombombenversuche oder Bürgerkriege lassen sich laut Kröpelin aus den Sedimenten ablesen.

Die Unterschutzstellung der Ounianga-Seen wird im Tschad gefeiert und in regelmäßigen Fernseh-Spots publik gemacht. Die bereits seit zehn Jahren avisierte Erstlandung eines Flugzeuges der französischen Linie Pointe Afrique in Faya-Largeau, der Distrikt-Hauptstadt, hat im März stattgefunden. Und schon "schießen" die ersten Touristen-Unterkünfte, kleine Rundhütten, die ersten Souvenirgeschäfte aus dem Wüstenboden. Doch Kröpelin gibt bei aller Euphorie zu bedenken: "Rebellen sind der beste Kultur- und Naturschutz. Tourismus hat eher negative Folgen." Denn der Tschad gehört nicht nur zu den ärmsten Ländern, er ist auch lange Jahre politisch außerordentlich instabil gewesen. "Eine Entführung reicht, und der Tourismus liegt wieder völlig brach", sagt Kröpelin. Deshalb nutzen zur Zeit Expeditionsreisen-Anbieter den relativen Frieden, um möglichst viele Touren zu den unvergleichlichen Schönheiten des Tschad zu unternehmen.

Neben den Ounianga-Seen und dem vulkanischen Tibesti im Norden ist das Ennedi-Gebiet eines der beliebtesten Ziele. Und eben dieses Gebiet soll, ginge es nach den deutschen Wissenschaftlern, als Nächstes zu einem Unesco-Welterbe deklariert werden. Das Ennedi ist besonders reich an Felsbildern, von der Rundkopfperiode vor etwa 11 000 Jahren bis hin zu den Graffiti der Neuzeit lassen sich dort wie in einer Galerie Tausende von Kunstwerken entdecken und erforschen. "Der Antrag wird jetzt vorbereitet", kündigt Kröpelin an. Ob das Ennedi ebenso reibungslos wie die Ounianga-Seen anerkannt wird, hat das Unesco-"Tribunal" zu entscheiden.

In Deutschland sind der Tschad und seine Naturschätze nur einem kleinen Kreis von Sahara-Liebhabern bekannt. Reisen dorthin sind nach wie vor politisch nicht unbedenklich, vor allem in den Grenzgebieten zum Sudan, zu Libyen und zum Niger. Und sie erfordern Verzicht auf die Annehmlichkeiten der westlichen Zivilisation.

Vor allem aber erfordern Reisen, wie auch Forschungsexpeditionen im Tschad, ein hervorragendes Team von Einheimischen, das nicht nur die unmöglichsten Routen durch die Berge und Wüsten kennt, sogar bei Sandstürmen noch blind sein Ziel am nächsten Wasserloch findet und jedes Auto mit einfachsten Hilfsmitteln wie etwa sogar Zeltstangen reparieren kann. Solche Einheimische, wie der legendäre Souleyman Husseini, der die deutschen Forscher seit vielen Jahren ebenso wie die deutschen Reisenden durch sein Land führt, sind auch unerlässlich wegen ihrer Kontakte zu den jeweiligen regionalen Herrschern. Denn ob es eine feindliche oder freundliche Aufnahme und Begleitung der Fremden gibt, hängt oft ausschließlich von diesen einheimischen Begleitern ab.

Obwohl der Tschad bei den meisten Deutschen fast so etwas wie einen weißen Fleck auf der Landkarte darstellt, haben deutsche Forscher wie Kröpelin, aber auch der Felsbilder-Experte Tilman Lenssen-Erz und Rudolph Kuper als Fachmann für prähistorische Siedlungsgeschichte eine alte Tradition fortgeführt. Gustav Nachtigal und Friedrich Hornemann ebneten ihnen in den 1880er Jahren bereits die Wege.

(RP)
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