Ministerpräsident ist krank Grippewelle erfasst NRW - Laschet sagt Termine ab

Düsseldorf · Die Anzahl der Grippe-Patienten ist sprunghaft angestiegen. Vor allem in NRW und in Rheinland-Pfalz liegen die Menschen flach. Das zeigt der aktuelle Bericht des Robert-Koch-Instituts. Es hat auch NRW-Ministerpräsident Laschet erwischt.

Hat das Herzen und Bützen zu Karneval wirklich etwas damit zu tun? Belegen wird man es nicht können, aber nachdem sich weite Teile Deutschlands ausgiebig in den Armen gelegen haben, hat sich die Grippewelle deutlich ausgeweitet. Wer auf die aktuelle Karte des Robert-Koch-Instituts (RKI) guckt, sieht vor allem im Westen Deutschlands eine breite rote Fläche.

Dargestellt ist damit die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen (ARE) wie Bronchitis, Rachen- und Lungenentzündungen, die in den kalten Monaten meist durch Influenza-Viren ausgelöst werden. Um so röter die Fläche, um so mehr Grippepatienten lassen sich in der Region vermuten.

Gerade für NRW ist das keine gute Nachricht. Zwar bestätigt das RKI für alle Bundesländer eine "stark erhöhte Influenza-Aktivität", in NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gibt es jedoch besonders viele Grippekranke. Die LVR-Klinik in Bonn nimmt vorerst keine Patienten mehr auf, nachdem 20 Fälle von Influenza erkannt wurden. Betroffen sind sowohl Patienten als auch das medizinische Personal. In der Uniklinik in Düsseldorf werden derzeit 28 Patienten mit Grippe behandelt. Laut Sprecher werden deshalb allerdings keine ungewöhnlichen Maßnahmen ergriffen. Die niedrigste ARE-Aktivität hat Schleswig-Holstein.

In Nordrhein-Westfalen hat die Grippewelle auch Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erwischt. Nach Mitteilung der Staatskanzlei musste der Regierungschef alle Termine für Freitag absagen. "Der Chef liegt darnieder", erklärte Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU), der Laschet bei der Eröffnung eines Bahnwerkes in Köln vertrat. Auch Bahnchef Richard Lutz ließ sich wegen Grippe entschuldigen: Ihm versagte derart die Stimme, dass er seinen Ersatzmann, Personenverkehrsvorstand Berthold Huber, nicht einmal per Telefon instruieren konnte. Das ging nur per SMS.

Wie stark die Grippewelle in dieser Saison in NRW ausfällt, zeigen die aktuellen Zahlen des Landeszentrums Gesundheit NRW, wenn man sie in Relation zu den beiden vorangegangenen Jahren stellt. Demnach sind in der gesamten Saison bis einschließlich der siebten Kalenderwoche 2018 bislang 6100 Influenzafälle gemeldet worden. Zum gleichen Zeitraum im Jahr 2016/2017 waren es aber bereits 6705 Fälle, also rund zehn Prozent mehr. Beide Zeiträume zeigen allerdings im Vergleich zu 2015/2016 einen massiven Anstieg. Denn damals wurden nur 921 Grippemeldungen verzeichnet.

"Die Welle der Virusinfekte ist in diesem Jahr außerordentlich heftig, das berichten mir auch Kollegen. Vergleichbares haben wir in den vergangenen Jahren so nicht erlebt", sagt Andre Schumacher, Hausarzt in Düsseldorf und Kreisstellen-Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Sein Wartezimmer ist voll, viele Patienten leiden unter Atemwegsinfekten, einige auch unter einem Magen-Darm-Virus. "Patienten rennen mir die Bude ein, ich komme gar nicht mehr hinterher", bestätigt auch Allgemeinmediziner Heribert Hüren mit einer Praxis in Mönchengladbach. "Gefühlt ist es mehr als im Vorjahr."

  • Düsseldorf: 380
  • Köln: 209
  • Rhein-Kreis Neuss: 208
  • Wesel: 159
  • Duisburg: 140
  • Kleve: 132
  • Bonn: 122
  • Viersen: 121
  • Leverkusen: 90
  • Mönchengladbach: 72
  • Mettmann: 77
  • Aachen (Städteregion): 61
  • Mülheim: 48
  • Wuppertal: 34
  • Essen: 33
  • Krefeld: 24
  • Solingen: 23
  • Oberhausen: 11
  • Remscheid: 10

Vor allem der sprunghafte Anstieg zwischen Kalenderwoche sechs und sieben fällt auf. Während unter Kindern im Alter bis zu 14 Jahren in der vergangenen Woche weniger an Grippe erkrankt sind, sind die Patientenzahlen in allen anderen Altersgruppen gestiegen, insbesondere bei den 35 bis 59-Jährigen. Insgesamt sind in dieser Grippesaison bundesweit rund 82.000 Menschen nachweislich an Grippe erkrankt, so das RKI. Die Dunkelziffer liegt in der Regel jedoch deutlich höher, weil nicht von jedem Patient Erregerproben analysiert werden.

Von allen Grippepatienten bundesweit werden rund 16 Prozent im Krankenhaus behandelt. 136 Menschen erlagen der Influenza. Bei rund 90 Prozent dieser Fälle handelte es sich um Menschen um die 60 Jahre oder älter. Zwar stecken sich junge Menschen häufiger mit der Grippe an, weil ältere Menschen jedoch ein schlechteres Immunsystem haben, verläuft die Erkrankung bei ihnen häufig besonders schwer.

Deutschland leidet nicht allein unter der Grippewelle. In 26 Ländern in Europa verzeichnen die Experten eine mittelstarke Influenza-Aktivität, in sechs (darunter Deutschland) eine hohe und in zwei Ländern (Albanien und Luxemburg) sogar eine sehr hohe. In den USA grassiert sogar die heftigste Grippewelle seit 15 Jahren. Über 180.000 Amerikaner haben sich bereits infiziert, das meldet die amerikanische Seuchenschutzbehörde (CDC). Ob die Grippewelle in Deutschland ihren Höhepunkt erreicht hat, lässt sich nicht vorher sagen.

(ham)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort